Europawahlkampf in Italien Antideutsche Parolen der Forza Italia
Die Forza Italia ist wegen antideutscher Parolen in die Kritik geraten. Für die Deutschen hätten Konzentrationslager nie existiert, sagte Parteigründer Berlusconi. Zudem sorgt ein Wahlplakat der Partei für Unmut - sowohl in Berlin als auch in Brüssel.
Wieder einmal sorgt die Forza Italia des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi für unrühmliche Schlagzeilen: Deutsche Spitzenpolitiker empören sich über eine Wahlkampagne der Partei mit kritischen Parolen über Deutschland. Anlass ist insbesondere ein Plakat mit dem Slogan "Più Italia, meno Germania" ("Mehr Italien, weniger Deutschland").
Der Spitzenkandidat der Sozialisten im Europawahlkampf, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD), sagte dem "Spiegel": "Es ist empörend, dass eine Schwesterpartei der CDU in Italien mit antideutschen Parolen Wahlkampf macht." Ein solches Plakat zerstöre den Geist der europäischen Einigung. "Deutschland ist ein sehr solidarisches Land, und deshalb ist ein solches Plakat unverschämt." Forza Italia macht die deutsche Sparpolitik für die Rezession der italienischen Wirtschaft verantwortlich. Berlusconis Partei fordert, sich dem Kurs zu widersetzen.
Wieder Attacke gegen Schulz
Doch nicht nur Deutschland, auch Schulz selbst wurde erneut von Berlusconi attackiert. "Da gibt es einen Mann, genannt Schulz, der Berlusconi oder Italien nicht leiden kann. Die Linke zu wählen, bedeutet Schulz zu wählen", sagte der 77-Jährige bei einer Wahlkampfveranstaltung der Forza Italia am Samstag.
Im Jahr 2003 hatte Berlusconi für einen Eklat Europäischen Parlament gesorgt, als er den damaligen Europaabgeordneten Schulz als ideale Besetzung für die Filmrolle eines KZ-Aufsehers bezeichnet hatte. Bei seinem Auftritt am Samstag ging Berlusconi erneut auf den Vorfall ein: "Ich wollte ihn nicht beleidigen. Aber mein Gott: Für die Deutschen haben Konzentrationslager nie existiert", sagte er - und stellte Deutsche damit indirekt als Holocaustleugner dar.
SPD fordert Positionierung von Merkel
Die SPD forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Eingreifen auf. Das Schweigen der CDU-Chefin sowie ihres CSU-Kollegen Horst Seehofer sei skandalös, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi. "Die Äußerungen von Silvio Berlusconi sind abstoßend, empörend und völlig inakzeptabel." Die Entgleisungen schadeten nicht nur dem Ansehen Italiens, sondern gefährdeten die gesamte politische Kultur und die Werte Europas. Berlusconi müsse sich entschuldigen. "Ich erwarte, dass sich Angela Merkel und Horst Seehofer jetzt klar erklären, ob sie einen solchen Schmutzwahlkampf gegen Martin Schulz dulden oder sich aktiv von den unsäglichen Äußerungen Berlusconis distanzieren", kritisierte die Generalsekretärin.
Hintergrund ist, dass CDU und CSU wie Forza Italia dem Dachverband der europäischen Konservativen, der Europäischen Volkspartei (EVP), angehören. Im EU-Parlament bilden Abgeordnete der Parteien eine Fraktion.
Auch aus der CDU selbst kam eine kritische Stimme. "Das ist nicht in Ordnung. Dafür fehlt mir jedes Verständnis", sagte Herbert Reul, Chef der Unionsabgeordneten im EU-Parlament, dem "Spiegel".
Der Steuerbetrüger ist nach wie vor ein einflussreicher Politiker
Berlusconi war vor kurzem von einem Gericht wegen Steuerbetrugs verurteilt worden. Der 77-Jährige muss zur Verbüßung seiner einjährigen Strafe Sozialarbeit in einem Altenheim leisten. Berlusconi war schuldig gesprochen worden, Drahtzieher eines komplexen Steuerbetrugssystems rund um seinen TV-Konzern Mediaset gewesen zu sein. Zudem wurde ein zweijähriges Ämterverbot gegen ihn verhängt. Gleichwohl bleibt er einer der einflussreichsten Politiker Italiens, insbesondere im Mitte-Rechts-Lager.