Nach der Wahl in Brasilien Blockaden und ein schweigender Präsident
Nach der Wahlniederlage von Bolsonaro warten die Brasilianer auf eine Reaktion des Präsidenten. Seine Anhänger blockieren derweil aus Protest die Straßen in weiten Teilen des Landes.
Er wurde von seinem Umfeld dazu gedrängt, aber auch über 24 Stunden nach der Präsidentschaftswahl hat Jair Bolsonaro immer noch keine Erklärung abgegeben. Stattdessen schrieb sein Sohn Flávio Bolsonaro auf Twitter: "Danke an jeden einzelnen, der uns dabei geholfen hat, den Patriotismus zu retten, der gebetet hat, auf die Straße gegangen ist und dafür gesorgt hat, dass Bolsonaro bei dieser Wahl so viele Stimmen bekommen hat wie noch nie in seinem Leben! Wir werden unser Brasilien nicht aufgeben! Das ist ein Befehl Gottes!"
Bolsonaro-Anhänger blockieren Straßen
Während Bolsonaro sich bedeckt hielt und bisher keine Erklärung zum Wahlergebnis abgab, sind einige seiner Unterstützer auf die Straße gegangen und blockieren seit Sonntagnacht Teile der brasilianischen Autobahnstrecken. "Uns kann sich kein Politiker nähern, ihr könnt auch keine militärische Intervention fordern, wir verlassen die Straßen erst, wenn das Militär von sich aus das Land übernimmt, unsere Zukunft steht auf dem Spiel", erklärt ein protestierender Lkw-Fahrer.
Die Zahl der Bundesstaaten, in denen Bolsonaro-Anhängerinnen und Anhänger die Straße blockieren, steigt. Deshalb hat die Militärpolizei mittlerweile präventiv die Esplanade der Ministerien in der Hauptstadt Brasília gesperrt.
Versöhnliche Töne aus der Politik
Auf politischer Ebene konnte man von Bolsonaro-Alliierten versöhnlichere Töne hören. Zum Beispiel von Arthur Lira, Präsident der Abgeordnetenkammer und dort einer der wichtigsten politischen Partner Bolsonaros: "Brasilien hat noch einmal mehr bewiesen, wie lebendig seine Demokratie, die Kraft seiner Institutionen und das brasilianische Volk ist. Der Willen der Mehrheit, der sich an den Wahlurnen gezeigt hat, darf nie in Frage gestellt werden."
Auch der ehemalige Justizminister Sergio Moro stellt das Ergebnis nicht in Frage und schreibt auf Twitter: "So ist die Demokratie" und ruft dazu auf, an der Einheit des Landes zu arbeiten. Aber längst nicht alle Parteifreunde Bolsonaros schlagen solche versöhnlichen Töne an.
Nikolas Ferreira, 26 Jahre alt und der Abgeordnete aus dem Bundesstaat Minas Gerais, der dort Anfang Oktober mit den meisten Stimmen gewählt wurde, veröffentlichte ein Video von sich auf Twitter, in dem er in die Kamera gerichtet sagt: "Diejenigen, die heute den Sieg feiern, werden morgen schon verzweifelt sein, denn die Linke wird viel schlechte Saat streuen. Es liegt an uns, dass sie nicht aufblüht! Vor uns liegt noch eine lange Strecke. Glaubt nicht, dass ich Brasilien aufgebe. Es gibt einige Soldaten von Bolsonaro, ich bin nur einer davon und zusammen sind wir heute 57 Millionen, vergesst das nicht!"
Nikolas Ferreira ist das junge Gesicht der politischen Bewegung, des "Bolsonarismo", der mit dem Präsidenten seinen Anfang nahm. Aber wird der Bolsonarismo auch ohne Bolsonaro als Präsident weiterleben?
Lange zwei Monate bis zu Lulas Amtseinführung
Ronilso Pacheco, Professor an der Universität Oklahoma, arbeitet schwerpunktmäßig zur extremen Rechten in den USA, Ungarn und in Brasilien. Er erinnert daran, wie stark die Basis Bolsonaros ist. "Er hat mehr als 50 Millionen Stimmen bekommen, damit müssen wir uns noch lange beschäftigen. Diese Menschen befürworten das Projekt, das er angestoßen hat und möchten, dass es so weitergeht."
Ob die demokratischen Institutionen dem standhalten, werden die nächsten Wochen zeigen. Auch wenn Lula die Wahl gewonnen hat: Seine Amtszeit beginnt erst Anfang Januar 2023. Zwei Monate sind in der brasilianischen Politik eine Menge Zeit.