Brexit

EU-Austrittsverhandlungen Der Brexit läuft

Stand: 29.03.2017 13:35 Uhr

Erstmals hat mit Großbritannien ein EU-Mitglied den Austritt aus dem Staatenbund offiziell beantragt. In Brüssel wurde das Trennungsgesuch EU-Ratspräsident Tusk übergeben. Zeitgleich trat Premierministerin May vor das Parlament in London.

Die britische Premierministerin Theresa May hat offiziell den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union beantragt. Mit ihrer Erklärung im britischen Parlament machte May den Weg frei für die zweijährigen Brexit-Verhandlungen mit Brüssel. Die konservative Politikerin versprach, jeden Briten in den kommenden Verhandlungen zu vertreten und den Brexit zu einem Erfolg zu machen. "Unsere besten Tage liegen vor uns", erklärte sie im Unterhaus. "Dies ist ein historischer Moment, von dem es kein Zurück mehr gibt. Nun ist die Zeit für uns gekommen zusammenzustehen." Bereits am Abend hatte May den entsprechenden Antrag unterzeichnet.

Großbritannien müsse "stärker, fairer und vereinter" aus der Europäischen Union hervorgehen. "Für die europäischen Partner wird Großbritannien der beste Freund und Nachbar sein", betonte die Premierministerin. Die Welt brauche heute dringender denn je die liberalen, demokratischen Werte Europas.

Scheidungspapiere offiziell übergeben

Kurz zuvor hatte der britische Botschafter Tim Barrow in Brüssel das Trennungsgesuch an EU-Ratspräsident Tusk übergeben. Das bestätigte Tusk auf Twitter. "Nach neun Monaten hat Großbritannien geliefert", schrieb Tusk. Damit ist das Verfahren nach Artikel 50 des Lissabon-Vertrages, das den Austritt formell regelt, eingeleitet. Der EU-Ratspräsident bedauerte den Schritt der Briten. "Wir vermissen euch jetzt schon. Danke und auf Wiedersehen", sagte er in seiner Stellungnahme, nachdem er das Brexit-Gesuch Großbritanniens entgegengenommen hatte.

EU-Ratspräsident Tusk erhält das Brexit-Gesuch der Briten.

Der britische EU-Botschafter Barrow übergibt das Trennungsgesuch an EU-Ratspräsident Tusk.

Es gebe keinen Grund, so zu tun, als wäre dies "ein glücklicher Tag", erklärte Tusk weiter. "Es gibt nichts in diesem Prozess zu gewinnen", sagte Tusk. Beim Brexit gehe es darum, "Schadensbegrenzung" zu betreiben und die Kosten für die EU-Bürger, Unternehmen und Mitgliedstaaten so gering wie möglich zu halten.

Nun beginnen zwei Jahre Verhandlungen um die Bedingungen und Kosten des Austritts Großbritanniens aus der EU sowie über die Grundlage der zukünftigen Beziehungen. Bisher herrscht nicht einmal über den Verhandlungsfahrplan Einigkeit. Die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens wird, sollte der Zeitplan eingehalten werden, voraussichtlich im März 2019 enden.

Brexit - Wie geht das eigentlich?

Ralf Kühn, NDR

EU-Sondergipfel zum Brexit

Mitte März hatten die Abgeordneten May mit der Verabschiedung des Brexit-Gesetzes die Vollmacht für den Austrittsantrag erteilt. Nachdem das entsprechende Schreiben beim Europäischen Rat eingetroffen ist, liegt der Ball in Brüssel. EU-Ratspräsident Tusk kündigte an, dass er bis Freitag seinen Vorschlag für das Verhandlungsmandat fertiggestellt haben werde. Er werde seine Pläne für die Leitlinien den 27 Mitgliedstaaten auf dem EU-Sondergipfel in Malta vorlegen.

Auf dieser Basis dieser Empfehlungen schlägt die EU-Kommission den Start der Verhandlungen und ein Mandat vor - also den offiziellen Auftrag für das Verhandlungsteam. Das Mandat muss dann vom Rat bestätigt werden. Die Briten hatten im vergangenen Juni in einem historischen Referendum mit knapper Mehrheit für den Brexit gestimmt.

Scheidung in genau zwei Jahren? Nicht unbedingt
Mit dem heute eingereichten "Scheidungsantrag" der Briten beginnt die zweijährige Austrittsfrist. Können sich die EU und die Briten in der Zeit nicht auf ein Austrittsabkommen einigen, scheidet das Vereinigte Königreich mit Ablauf des 29. März 2019 automatisch aus der EU aus.

Allerdings ist es nicht zwingend, dass die Briten tatsächlich in genau zwei Jahren aus der EU raus sind. Einigen sich die EU und die Briten nämlich auf ein Austrittsabkommen, scheiden die Briten mit Wirksamwerden des Abkommens aus der EU aus. Allerdings kann in dem Austrittsabkommen auch ein späterer Zeitpunkt für den EU-Austritt vereinbart werden.

Eine dritte Variante ist, dass sich die Briten und die EU zwar einig sind, dass sie ein Austrittsabkommen wollen, aber noch mehr Zeit für die Verhandlungen benötigen. Dann können sie die Zwei-Jahres-Frist verlängern. Anders als beim Austrittsabkommen ist für die reine Fristverlängerung aber Einstimmigkeit im Europäischen Rat erforderlich. Das heißt, alle verbleibenden 27 europäischen Regierungen müssten der Fristverlängerung zustimmen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 29. März 2017 um 15:00 Uhr.