Brexit-Verhandlungen Vorbereitungen für den Ernstfall
Großbritannien kann sich nicht auf einen gemeinsamen Brexit-Kurs einigen. Die EU-Kommission stimmt ihre Mitgliedsstaaten auch auf das Scheitern der Verhandlungen ein - und ist damit nicht allein.
Es sind noch gut acht Monate bis zum britischen EU-Austritt - doch in der EU schwindet langsam der Glauben an erfolgreiche Austrittsverhandlungen. Die EU-Kommission hat jetzt vorsorglich staatliche Stellen und Wirtschaft ermahnt, sich besser für einen möglichen harten Bruch ohne Vertrag zu wappnen. Alle seien aufgefordert, sich verstärkt vorzubereiten, hieß es in Brüssel - und zwar auf alle Szenarien.
Denn die Kommission machte klar: Ohne Austrittsabkommen soll es auch keine Übergangsphase geben. Dann könnten schon im März 2019 die Zollschranken zu Großbritannien wieder hochgehen. Für Autobauer und andere Unternehmen, die Teile zur Produktion über die Grenze hin und her transportieren, würde dies zu Problemen führen. Befürchtet würden auch Lieferengpässe in Großbritannien.
Kommission beauftragt
Eine Arbeitsgruppe um den Kommissionsgeneralsekretär Martin Selmayr befasst sich seit Monaten damit, wie die konkreten Folgen des Brexit bewältigt werden können. Geht alles nach Plan, wären die Konsequenzen direkt nach dem Austrittsdatum überschaubar.
Tatsächlich ist aber weiterhin ungewiss, ob bis zum Brexit am 29. März 2019 eine ratifizierte Vereinbarung mit London vorliegt. Das britische Parlament ist in der Frage des Brexit-Kurses zerstritten - zuletzt traten Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis zurück. Die Zeit aber drängt. Die Verhandlungen sollen bis Oktober abgeschlossen werden. Die Parlamente auf beiden Seiten des Ärmelkanals müssen schließlich der Vereinbarung danach zustimmen.
Rücktritte der Hardliner: Ex-Brexit-Minister David Davis ...
Vorbereitung auf den No-Deal
Nicht nur die EU rechnet mit dem Ernstfall. Auch in Großbritannien bereitet man sich auf ein No-Deal-Szenario vor. Zwar stellte eine Sprecherin der britischen Premierministerin Theresa May klar, dass London dies nicht wolle. Sie zeigte sich zwar optimistisch, sagte aber auch: Eine "verantwortungsvolle Regierung" müsse sich auf dieses Szenario vorbereiten.
Die irische Regierung hat bereits konkrete Schritte zur Vorbereitung auf den Brexit einschließlich eines No-Deal-Szenarios beschlossen. Das EU-Land braucht in jedem Fall etwa 600 bis 700 zusätzliche Zollbeamte für Kontrollen an Häfen und Flughäfen, 200 Experten für Ein- und Ausfuhrkontrollen bei Tieren und Pflanzen sowie weitere 120, um die dafür nötigen Zertifikate auszustellen. "Bedeutende Investitionen" sind laut Regierung auch in die dafür nötige Infrastruktur in den Häfen und an den Flughäfen nötig. Zudem wurden für Unternehmen 450 Millionen Euro bereitgestellt, um sich auf den Brexit vorzubereiten.
Irland hat auch eine 500-Kilometer-Grenze zu Nordirland, an der es derzeit keine Kontrollen gibt. Ziel Großbritanniens und der EU ist es, in den Brexit-Verhandlungen eine "harte Grenze" mit wiedereingeführten Kontrollen zu vermeiden. Doch auch das ist bisher nicht mehr als ein Ziel.