Johnsons Brexit-Kurs Der EU bleiben nur wenige Möglichkeiten
Für die EU ist der Brexit-Vertrag eigentlich durchverhandelt. Dennoch gibt sie sich offen für Vorschläge aus London. Ein Aufschub der Austrittsfrist ist wahrscheinlich - auch wenn Premier Johnson den nicht will.
Welche Optionen bleiben der EU noch, um mit dem britischen Premierminister Boris Johnson und seinem Brexit-Kurs fertig zu werden? Nicht wirklich viele, heißt es in Brüssel.
Wenn man sich unter den Abgeordneten im Europäischen Parlament umhört, sieht man oft ein Schulterzucken, ein Abwinken, ein schweres Atmen. Und diejenigen, die derzeit die sogenannten "technischen Verhandlungen" über mögliche Nachjustierungen beim eigentlich fertigen Austrittsvertrag führen, verwenden immer häufiger den Begriff "Zeitverschwendung".
Kommission gibt sich weitgehend verschlossen
Die EU-Kommission gibt sich zu der Frage weitgehend verschlossen. Diese sei spekulativ, heißt es. Immer wieder betonen die EU-Sprecher allerdings, dass eben diese Verhandlungen dennoch geführt würden, dass es von der britischen Seite nach wie vor keine konkreten Vorschläge gebe, dass man aber an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr offen sei und jederzeit ernsthaft über Vorschläge reden wolle.
Der Tenor all dieser Aussagen lautet: Die Europäische Union kann derzeit nichts anderes tun, als den Geschehnissen in London mehr oder weniger fassungslos zuschauen. Und: Die 27 EU-Mitgliedsstaaten müssen Johnson und Großbritannien gegenüber weiterhin geschlossen auftreten.
Der britische Premier Boris Johnson im Unterhaus. "Ich würde lieber tot im Graben liegen", hatte er zuletzt gesagt.
EU auf Geschlossenheit angewiesen
Die Befürchtung ist: Wenn ein EU-Staat ausschert, um Großbritannien Zugeständnisse zu versprechen, bekommt die EU ein ernsthaftes Problem. Es könnte dann extrem schwer werden, wieder zu einer gemeinsamen Linie zurück zu finden. Das heißt, dann hätte Johnson das britische Brexit-Chaos erfolgreich in die EU exportiert.
Was bleibt, ist einzig eine abermalige Verlängerung der Austrittsfrist. Auch wenn Frankreich und die Niederlande sich bereits skeptisch über eine solche Option geäußert haben, erscheint sie in Brüssel derzeit noch als die wahrscheinlichste - ungeachtet der Tatsache, dass Johnson einen Aufschub unbedingt verhindern will.