Brexit-Streit Wie Johnson den "Backstop" umgehen will
In 30 Tagen wollen die Briten die EU verlassen. Premier Johnson will bald Vorschläge zur Vermeidung eines "Backstop" vorlegen. Nun werden erste Inhalte bekannt, Kritiker sprechen von einem Rohrkrepierer.
Harte Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland ein paar Kilometer von der eigentlichen Grenze entfernt - im Landesinneren? Nein, das werde es nicht geben, verspricht der britische Premierminister Boris Johnson. "Auf gar keinen Fall, absolut nicht."
Es gebe auch sehr gute Gründe dafür, warum das keine gute Idee wäre, sagt Johnson. Praktische Gründe wie auch emotionale. Jeder, der mit der Situation an der Grenze vertraut sei, verstehe das.
Andererseits aber: "Am Ende muss ein souveräner Staat seine eigenen Zollgrenzen haben. Und das muss berücksichtigt werden, wenn wir die EU verlassen", so Johnson. "Aber es gibt viele Möglichkeiten, einen einheitlichen Markt für die ganze irische Insel sicherzustellen."
Bislang noch nicht mehr als Diskussionsgrundlagen
Bislang liegen Brüssel dazu allerdings nur so genannte Non-Papers vor - Papiere, die nur als Diskussionsgrundlage dienen sollen. Der irische Sender RTE berichtet unter Berufung auf diese Papiere, Großbritannien strebe Grenzkontrollen in mehreren Kilometern Entfernung von der Grenze an.
Der Journalist Tony Connelly von RTE sagt, er kenne die Papiere und begleitende Briefings dazu: "Darin scheinen Zollabfertigungen jenseits der eigentlichen Grenze vorgeschlagen zu werden", erzählt er. "Dort würden die Güter kontrolliert und an einem Posten auf der anderen Seite wieder entgegengenommen. Und auf dem Weg dazwischen würden sie mit moderner Technik in Echtzeit verfolgt, zum Beispiel durch Mobilfunktechnologie oder durch Geräte, die an den Fahrzeugen befestigt werden."
Johnson sieht Notwendigkeit von Grenzkontrollen
Von einer kontrollfreien Grenze, wie dies der umstrittene "Backstop" vorsieht, ist das allerdings weit entfernt. Auch Johnson räumt ein, dass es Zollkontrollen geben muss.
Für den irischen Vize-Premier und Außenminister Simon Coveney sind die Pläne ein "non-starter", ein Rohrkrepierer. Mary-Lou McDonald, die Vorsitzende der pro-irischen Sinn Fein, kann dem nur zustimmen: "Alles, was Zollkontrollen verursacht, wo auch immer, bedeutet eine harte Grenze. Genau das will der 'Backstop' verhindern. Er sorgt dafür, dass alle Güter frei durch ganz Irland transportiert werden können."
Die britische Regierung will ihre konkreten Vorschläge bald vorlegen. Schon in Kürze, verspricht Johnson. Die meisten vermuten, das werde nach dem Parteitag der Konservativen passieren, der zur Zeit in Manchester stattfindet.
In den Gesprächen mit der EU seit Anfang August habe man große Fortschritte gemacht, sagt der britische Regierungschef. Aber er wolle nicht vorwegnehmen, wie das alles ausgehe. Johnson bleibt dabei, dass sein Land die EU am 31. Oktober verlässt - ob mit oder ohne Abkommen. Das ist in 30 Tagen.