Weltklimakonferenz in Dubai Wie glaubwürdig ist COP-Präsident Al-Jaber?
Sollte ein Ölkonzern-Chef einen Klimagipfel leiten? Al-Jaber steht in der Kritik, weil er den Ausstieg aus fossiler Energie für unnötig halten soll. Der Sultan streitet das ab - die Vorwürfe seien Versuche, seine Arbeit zu untergraben.
Ausstieg jetzt, so lautet die Forderung der Aktivistinnen und Aktivisten von "Fridays for Future". Sie fordern die Staatengemeinschaft beim Klimagipfel auf, sofort mit dem Verfeuern von Kohle, Öl und Gas aufzuhören. Einige Regierungen verlangen in Dubai immerhin die schnelle Abkehr von fossilen Brennstoffen.
Andere bremsen - vor allem solche, die mit dem Verkauf von Öl und Gas gut verdienen. Konferenzpräsident Sultan Ahmed Al-Jaber wehrt sich in diesem Zusammenhang gegen Vorwürfe, die sich auf angebliche Äußerungen bei einer Online-Diskussion vor dem Gipfel beziehen. Der "Guardian" zitiert Al-Jaber mit den Worten, es gebe keine Studie, die belegt, dass man durch den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen die Erderwärmung wie geplant begrenzen könne.
"Ich habe immer wieder gesagt, dass das Herunterfahren und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unvermeidlich, ja sogar unerlässlich sind", erklärte der Sultan. "Genauso wie die Transformation, das muss geordnet, fair, gerecht und verantwortlich erfolgen - und gut organisiert."
Al-Jaber: Gipfel streng an Wissenschaft ausgerichtet
Al-Jaber ist nicht nur Präsident des COP28-Gipfels, er ist auch der Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Vorstandschef der staatlichen Ölgesellschaft ADNOC. Die Vorwürfe seien Versuche, seine Arbeit als Konferenzpräsident zu untergraben. Dabei habe er sich bei der Planung des Gipfels streng an der Wissenschaft ausgerichtet.
Neben Al-Jaber sitzt Jim Skea auf dem Podium, der Chef des Weltklimarates IPCC. Das Gremium sammelt und gewichtet regelmäßig Untersuchungen zum Klimawandel und bereitet sie für die Politik auf. Der Brite weiß also besser als viele andere, was die Wissenschaft zu Klimawandel und fossilen Energien sagt: "Um die Erderwärmung bis 2050 bei 1,5 Grad zu halten, muss die Nutzung fossiler Brennstoffe erheblich reduziert werden - die Kohlenutzung ohne CO2-Abscheidung muss komplett beendet werden, die Ölnutzung muss um 60 Prozent, die von Erdgas um 45 Prozent sinken."
Nach Skeas Worten gab es im Vorfeld des Gipfels einige Treffen mit Al-Jaber, der habe sich dabei mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen befasst und sie auch vollumfänglich verstanden.
Einige fühlen sich in ihrer Kritik bestätigt
Trotzdem sorgt der Bericht über Al-Jabers angebliche Äußerungen für Wirbel auf dem Gipfel. Manche fühlen sich bestätigt. Sie hatten vor der Konferenz gemutmaßt, man mache den Bock zum Gärtner, wenn man das Regierungsmitglied eines Ölstaates zum Konferenzchef ernenne.
Tatsächlich reden in Dubai viele über die mögliche Abkehr von fossilen Energien. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat vorgestern den entschlossenen Ausstieg verlangt. Die entscheidende Frage ist: Wie konsequent wird der umgesetzt und wie schnell - wie viel Zeit bleibt also interessierten Staaten, um mit Öl und Gas weiter viel Geld zu verdienen?
IWF für höheren CO2-Preis
Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert, der Ausstieg aus Subventionen für fossile Energieträger müsse flankiert werden mit Hilfen für ärmere Bevölkerungsschichten.
Zudem müssten CO2-Preise stärker eingesetzt werden. Der größte Anreiz für Einsparungen sei ein Preis auf klimaschädliche CO2-Emissionen. "Dieser Preis muss steigen", sagte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa bei der Konferenz.
Energieerzeugung aus Erneuerbaren bis 2030 verdreifachen
Für Umweltverbände ist die Lage eindeutig. "Der IPCC hat das ganz deutlich gemacht, der einzige Weg, mit fossilen Energien umzugehen ist aufzuhören, sie zu nutzen und zu verwenden. Punkt", sagt Lili Fuhr vom Dachverband Climate Action Network CAN.
Weniger umstritten als der Abschied von fossilen Brennstoffen ist beim Gipfel das Ziel, die Energieerzeugung aus Sonne, Wind und Wasser bis 2030 weltweit zu verdreifachen und die Energieeffizienz zu verdoppeln.