Grenzöffnungen in Corona-Krise Alle gegen Schweden?
Schweden ist in der Corona-Krise einen eigenen Weg gegangen - und bleibt auch dabei. Das könnte nun zu einem Hindernis auf dem Weg zu den gewünschten Grenzöffnungen werden.
Zwar lassen sich die Ergebnisse der dänischen, norwegischen, schwedischen und finnischen Pandemie-Politik nur schwer miteinander vergleichen, etwa, was die Corona-Fallzahlen angeht. Es wird einfach zu unterschiedlich getestet. Trotzdem ist sich Frode Forland, Norwegens Staatsepidemiologe, einigermaßen sicher: "Schweden hat eine höhere Ansteckungsrate als Norwegen. Da macht es Sinn, die Grenzen zwischen den Ländern geschlossen zu halten."
Damit spricht er das aktuelle Reizthema Nummer Eins an: Wiederöffnung der Grenzen. Die Wirtschaft und dabei vor allem die Tourismusbranche machen überall im Norden großen Druck: Die Sommersaison soll soweit irgend möglich noch gerettet werden. Aber zugleich ist die Angst vor einer zweiten Corona-Welle groß und ebenfalls - wenn auch lieber angedeutet als offen angesprochen - die Angst vor den Schweden, die viele als potentielle "Virenträger" sehen.
Die Tourismusindustrie in Schweden hofft auf schnelle Grenzöffnungen.
Nachbarländer finden keine gemeinsame Linie
Finnlands Innenministerin Maria Ohisalo bezog sich Ende vergangener Woche auf die Corona-Situation in Schweden, mit im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung dramatisch mehr Toten als in den Nachbarländern und einer vermuteten deutlich höheren Infektionsrate. Deshalb könne es derzeit keine einheitliche nordische Linie in der Frage der Grenzöffnungen geben. Norwegen, Dänemark, auch Island hätten es geschafft, die Pandemieentwicklung zu stabilisieren, aber "die Lage in Schweden ist alarmierender".
Ein klein wenig Grenzöffnung - geht das?
Noch scheuen die Nachbarn aber davor zurück, Schweden buchstäblich "auszugrenzen". In Norwegen, Finnland und auch in Dänemark gelten allgemeine Einreisebeschränkungen, doch das muss ja nicht immer so bleiben, meint zumindest Kristian Thulesen Dahl von der Dänischen Volkspartei: "Wenn eine deutsche Familie einen Mietvertrag für ein Ferienhaus hat, dann darf sie gerne kommen oder der Norweger, der ein Ferienhaus in Dänemark besitzt." Das können man kontrollieren, so Dahl. "Aber wenn wir einfach die Grenze öffnen, dann kommen auch die Jugendcliquen aus Schweden zum Feiern nach Kopenhagen, und dann haben wir ein Problem."
Schweden bleibt bei eigenem Weg
Während dieses Problem in Schweden anders gesehen wird, meist ohne jedes Verständnis für die skeptischen Nachbarn. Die Mehrheit der Menschen steht weiter hinter dem "schwedischen Weg", den die Gesundheitsbehörde eingeschlagen hat und glaubt fest daran, dass es richtig war und ist, ohne Lockdown die Corona-Ausbreitung beherrschbar zu halten.
Nur wenige üben wirklich Kritik, so wie die Tageszeitung "Svenska Dagbladet". Ihr Kommentar: "Kurzfristig hat die Regierung schwerwiegende Beschränkungen der individuellen Freiheit vermieden. Aber das ist kein Gewinn, wenn sich zeigt, dass unser Ansehen derart geschädigt wurde und unsere Opferzahlen so hoch sind, dass wir ausgesperrt werden, wenn sich der Rest Europas wieder öffnet."