Taucher in der "Costa Concordia" "Eine absolut albtraumhafte Arbeit"
Der Einsatz auf der "Costa Concordia" verlangt den Spezialisten von Polizei, Feuerwehr und Marine alles ab. Bei Dunkelheit und schlechter Sicht bahnen sie sich ihren Weg durch das Chaos im Inneren des Wracks. Dabei kam auch Sprengstoff zum Einsatz.
Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom, zzt. Orbetello
Es sind die Top-Spezialisten Italiens, die derzeit unter Lebensgefahr im Wrack der "Costa Concordia" arbeiten - Rettungstauchereinheiten gibt es bei der Feuerwehr, den Carabinieri und bei der Küstenwache. Rodolfo Raiteri aus Genua leitet derzeit den Einsatz von 16 Mann, die verzweifelt das halb gesunkene Schiff durchkämmen und versuchen, doch noch irgendwo Überlebende der Katastrophe zu finden. "Das ist eine absolut albtraumhafte Arbeit. Es ist für alle von uns eine total surreale Arbeitssituation. Ich habe so was noch nie gesehen", erzählt er.
Es gebe verschiedene Möglichkeiten, ins Schiff zu gelangen: "Einige hatten die Fenster offen gelassen, wir selbst haben versucht, einige Bullaugen aufzubrechen. Außerdem haben wir im Heck einen Eingang geschaffen durch ein Fenster des Bordrestaurants. Von dort konnten wir ins Schiff eindringen und viele Punkte im Inneren erreichen."
Sprengstoffexperten im Einsatz
Aber eben nicht alle Punkte. Deswegen waren heute Morgen bereits vor Sonnenaufgang Sprengstoffexperten im Einsatz. "Die Kampfschwimmer der Marine haben vier kleine Sprengsätze angebracht, die Wege ins Schiffsinnere aufgesprengt haben. So gibt es auch Fluchtwege für unsere Helfer. Wir dürfen nicht vergessen, dass Kampfschwimmer immer in Extremsituationen arbeiten. Es ist sehr gefährlich da drin", beschreibt Alessandro Busonero von der Küstenwache die Situation.
Schwierige Arbeit bei Dunkelheit und schlechter Sicht
Wie gefährlich es ist, erklärt Rettungstaucher Raiteri: Probleme machen seinen Männern vor allem das kalte Wasser, die Dunkelheit im Schiffsinneren und die schlechte Sicht, sagt er. Keiner ist deshalb länger als eine Stunde im Einsatz: "Unser größtes Problem bei der Arbeit da drinnen sind Einrichtungsgegenstände wie Stühle, Tische und andere Möbel, aber auch Teppiche und Vorhänge, die den Zugang äußerst schwierig und vor allem extrem gefährlich für unsere Helfer machen. Außerdem ist das Schiff gekippt, was die Wahrnehmung komplett verändert. Unsere Taucher verunsichert das natürlich. Trotzdem machen wir weiter und versuchen, alles Menschenmögliche zu tun."
Weiterarbeiten - trotz der Gefahr des Sinkens
Die Situation erinnert an einen schlechten Katastrophenfilm. Denn zudem droht das Schiff abzurutschen, während die Helfer im Inneren arbeiten. Gestern hatte sich das auf der Seite liegende Wrack einige Zentimeter in Richtung tiefes Meer bewegt - daher wurden die Arbeiten nachts eingestellt. "Die neuesten Daten, die wir durch ein ferngesteuertes Laserüberwachungssystem vom Ufer aus bekommen, sagen, dass wir weiter arbeiten können, wenn auch sehr vorsichtig", so Raiteri.
Und dann gibt es noch das, was die Helfer möglicherweise im Inneren des Schiffes erwartet. Weiterhin werden nämlich mindestens 29 Personen vermisst. Welcher Druck auf den Männern lastet, die derzeit auf Giglio im Einsatz sind, vermag man sich nur schwer vorzustellen.