Streit um "Don't say gay"-Gesetz Floridas Gouverneur attackiert Disney
In Florida ist das Thema sexuelle Identität in Grundschulen seit Kurzem tabu. Dagegen hatten auch Disney-Mitarbeiter protestiert. Nun droht der Gouverneur dem Vergnügungspark in Orlando mit Konsequenzen.
Ohne Frage - Floridas Gouverneur Ron DeSantis testet im Kulturkampf seine Grenzen aus. Nun wird ausgerechnet der größte und wichtigste Arbeitgeber Floridas zu seiner Zielscheibe: die Walt Disney Company aus Kalifornien.
Innerhalb von nur vier Tagen verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das Disney World in Orlando seinen Sonderstatus entzieht - zur Strafe dafür, dass der Konzern sich gegen das "Don't say gay"-Gesetz ("Sag' nicht homosexuell") auflehnt.
Disney habe "einen Deal wie kein anderes Unternehmen in Florida oder sogar landesweit" gehabt, sagte DeSantis dem Sender Fox News:
Sie haben sich selbst verwaltet, sie hatten viel Macht, sie hätten sogar Atomkraftwerke bauen können. Sie haben keine Baugenehmigungen gebraucht und haben Steuererleichterungen bekommen. Das ist einfach unangemessen.
Mitarbeiter protestierten gegen neues Gesetz
Tatsächlich hatte der knapp 100 Quadratkilometer große Vergnügungspark in den 1960er-Jahren einen Sonderstatus mit weitgehender Selbstverwaltung erhalten. Mit diesem Privileg soll jetzt Schluss sein. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Viele der rund 80.000 Disney-Mitarbeiter hatten im März gegen Floridas neues "Don't say gay-Gesetz" demonstriert.
Die Regelung verbietet Debatten über sexuelle Orientierung und Identität an Grundschulen. Disney-Vorstandschef Bob Chapek stellte sich damals hinter seine Belegschaft: "Ich habe Gouverneur DeSantis angerufen, um unsere Enttäuschung und Sorge auszudrücken, dass - falls dieser Entwurf zum Gesetz wird - dies LGTBQ-Kinder und -Familien ungerechtfertigt angreifen könnte."
DeSantis spricht Unternehmen Recht auf Einmischung ab
DeSantis verteidigte sein Gesetz: "Dies ist ein Gesetz, das Eltern mehr Verantwortung gibt und unsere Kinder beschützt. Unternehmen wie Disney haben kein Recht, etwas dagegen zu sagen." Es habe mit den "Woke"-Aktivisten angefangen, so DeSantis. Der Gouverneur betonte: "Sie haben nichts zu sagen in unserem Bundesstaat - nicht so lange ich Gouverneur bin."
Der Begriff "Woke" oder auch "Wokeness" kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt "aufgewacht" oder auch "wachsam". Vor allem in sozialen Netzwerken wird er gebraucht, um soziale Missstände etwa wie Diskriminierung, Rassismus oder Sexismus anzuprangern.
In Landkreisen drohen massive Steuererhöhungen
Sollte das Gesetz zur Aufhebung der Selbstverwaltung tatsächlich zum 1. Juni kommenden Jahres in Kraft treten, hätte das weitreichende Konsequenzen. Bislang verwaltete Disney sich selbst, hielt etwa seine Straßen in Ordnung, beschäftigte Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und ähnliches.
Künftig müssten die beiden Landkreise bei Orlando - Orange County und Osceola County - all das übernehmen. Das würde horrende Steuererhöhungen für die Bewohnerinnen und Bewohner bedeuten - bei der Grundsteuer vermutlich um 20 bis 25 Prozent, schätzte Scott Randolph von der Steuerbehörde im Lokalfernsehen.
Politikwissenschaftler Aubrey Jewitt von der University of Central Florida versteht das Vorgehen von DeSantis als Warnung an Disney und andere Unternehmen, sich nicht in den Gesetzgebungsprozess einzumischen.
Politische Gegner werfen DeSantis vor, er habe den Streit mit Disney nur angezettelt, um Veränderungen beim Zuschnitt der Wahlkreise zu verschleiern. Der 43-Jährige gilt als potenzieller Präsidentschaftskandidat für 2024. Doch im Herbst will er erstmal als Gouverneur von Florida wiedergewählt werden. Ob ihm der Streit mit Disney dabei hilft, wird sich herausstellen.