EU-Beitrittsgespräche Vor der Wahl keine Entscheidung zur Türkei
Vor der Bundestagswahl wird es keine Entscheidung über den Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei geben, sagte Regierungssprecher Seibert. Beim TV-Duell hatten sich Kanzlerin Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Schulz klar gegen einen Beitritt ausgesprochen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will erst nach der Bundestagswahl mit ihren EU-Kollegen über einen Abbruch der Beitrittsgespräche mit der Türkei reden. Wenn im Oktober der nächste EU-Gipfel stattfinde, "wird die Bundeskanzlerin mit ihren europäischen Kollegen beraten, ob man auch die Beitrittsverhandlungen beendet", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dafür brauche es aber Einstimmigkeit in der EU. Seibert wies zugleich darauf hin, dass die Verhandlungen derzeit ohnehin praktisch zum Erliegen gekommen seien.
Bundeskanzlerin Merkel wird "mit ihren europäischen Kollegen beraten, ob man auch die Beitrittsverhandlungen beendet", so Steffen Seibert.
Die EU-Kommission forderte die Mitgliedsländer inzwischen dazu auf, ihre Position zur Zukunft der Beitrittsgespräche mit der Türkei zu klären. "Das ist eine Entscheidung, die von den Mitgliedstaaten getroffen werden muss", sagte ein Sprecher der Behörde in Brüssel. Auch die Kommission sei über die Entwicklung in der Türkei besorgt. Er warnte aber vor einem überstürzten Vorgehen. Brüssel plädiert demnach dafür, die Ereignisse der vergangenen Monate "ruhig" zu bewerten.
Unterstützung der Kommission "nicht unbegrenzt"
Trotz des massiven Vorgehens der türkischen Regierung gegen ihre Gegner hatte sich die Kommission bisher immer für eine Fortsetzung der Verhandlungen ausgesprochen. Der Sprecher verwies aber darauf, dass Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bereits vergangene Woche gesagt habe, die Türkei entferne sich "mit Riesenschritten von Europa". Die Unterstützung der Kommission für die Türkei sei "nicht unbegrenzt und nicht ohne Bedingungen", fügte der Sprecher an.
Ankündigungen im TV-Duell
Hintergrund der aktuellen Debatte sind die Ankündigungen von Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im TV-Duell, dass sie die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden wollen. Die Kanzlerin hatte angekündigt, dass sie mit den EU-Kollegen "noch einmal reden (will), ob wir zu einer gemeinsamen Position kommen können und diese Beitrittsverhandlungen auch beenden können".
Zuvor hatte Schulz überraschend den Abbruch der Verhandlungen gefordert: "Ich denke, dass derjenige, der nächster Bundeskanzler sein wird, die Aufgabe hat, zum Schutz der Bundesrepublik Deutschland der Türkei zu sagen: Hier sind alle roten Linien überschritten, und deshalb kann dieses Land nicht mehr Mitglied der EU werden." Außenminister Sigmar Gabriel schloss sich nach Angaben eines Ministeriumssprechers dieser Haltung an. Gabriel habe schon mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er die Beitrittsverhandlungen "für eine Farce" halte, fügte der Sprecher hinzu.
Schulz hatte überraschend den Abbruch der Verhandlungen gefordert.
Scharfe Kritik aus der Türkei
Der türkische Europa-Minister Ömer Celik kritisierte diese Äußerungen scharf. Dies sei ein Angriff auf die Gründungsprinzipien der EU, sagte Celik. "Sie bauen eine Berliner Mauer mit den Steinen des Populismus." Die Türkei werde erhobenen Hauptes als ein europäisches Land und eine europäische Demokratie ihren Weg weitergehen.