EU-Staaten und Corona Uneins, wenn es ums Geld geht
Einigkeit bei der Bewältigung der finanziellen Folgen der Corona-Krise ist in der EU derzeit nicht in Sicht. Daran änderte auch eine lange Videokonferenz nichts. Einfacher waren die praktischen Fragen.
Auch Videokonferenzen können sich in die Länge ziehen. Der Corona-Gipfel dauerte jedenfalls deutlich länger als geplant. Die Verhandlungen waren ganz offensichtlich schwierig. Dabei sollte doch eigentlich das Gemeinsame im Vordergrund stehen.
Zuletzt war jedenfalls viel von Solidarität die Rede, vielleicht auch als Reaktion auf die beißende Kritik der Kommissionspräsidentin. Alle hätten am Anfang der Corona-Krise nur an sich gedacht, statt füreinander da zu sein, hatte Ursula von der Leyen den EU-Ländern kurz vor dem Gipfel vorgeworfen.
Nach der Videokonferenz wiederholte sie ihre Forderung nach europäischer und weltweiter Solidarität, und das mit gutem Grund. Denn die Staats- und Regierungschefs hatten es nicht geschafft, sich auf weitere Maßnahmen zu verständigen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise zu begrenzen. Ob etwa der Euro-Rettungsfonds ESM angezapft werden soll, damit sich die EU-Länder mit frischem Geld versorgen können, und wenn ja, unter welchen Bedingungen, das alles ist noch nicht entschieden.
Über einen großen Bildschirm kommunizierte Spaniens Ministerpräsident Sanchez während der Videokonferenz.
Streit um Euro-Bonds bleibt ungelöst
Vertagt wurde auch der Streit um die europäischen Staatsanleihen. Vor dem Gipfel hatten sich neun EU-Staaten für die Ausgabe sogenannter Corona-Bonds stark gemacht, Frankreich etwa, vor allem aber der italienische Regierungschef Giuseppe Conte, der eine kraftvolle europäische Antwort auf die Krise verlangt. Kein Wunder. Italien ist von der Corona-Epidemie am schlimmsten betroffen und hatte schon vor der Krise einen gewaltigen Schuldenberg. Deutschland, die Niederlande und andere lehnen allerdings gemeinsame Anleihen nach wie vor strikt ab.
Viele Ideen lägen auf dem Tisch, hieß es nach der Konferenz. Jetzt sollen sich die Finanzminister der Euroländer darüber beugen und in den nächsten Wochen konkrete Vorschläge machen. EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte: "Kein Land kann diesen Kampf allein gewinnen. Wir müssen zusammenarbeiten, im Geiste der Einheit, der Solidarität, nur so können wir es schaffen, wieder in eine normalere Zeit zurückzukehren."
Einig in praktischen Fragen
Einig sind sich die EU-Staaten bei vielen praktischen Fragen. Medizinische Schutzausrüstung wollen sie verstärkt zusammen bestellen und ein Vorratslager mit Masken, Beatmungsgeräten und Medikamenten aufbauen. Die Kapazitäten der Labore für Corona-Tests sollen erhöht, die Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen vorangetrieben werden.
Damit der Warenverkehr nicht blockiert wird, hat sich der Gipfel auf eine schnellere Lkw-Abfertigung an den Binnengrenzen verständigt, damit es nicht zu den befürchteten Lieferengpässen kommt. Weitergehen soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei den Rückholaktionen für Touristen, die im Ausland festsitzen.
Suche nach einer Ausstiegs-Strategie
Für die Zeit nach der Krise will Kommissionspräsidentin von der Leyen eine Exit-Strategie ausarbeiten lassen. Alle EU-Staaten hätten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und Abstandswahrung verhängt. Jetzt, so von der Leyen, "müssen wir uns aber darüber abstimmen, wann und wie wir zur Normalität zurückkehren können".
Denn weitere Alleingänge würden den Erfolg der Notfallpläne untergraben, davon zeigt sich von der Leyen überzeugt. Und: Es geht eben nur mit Solidarität. Da ist es also wieder - das europäische Wort der Stunde.