EU-Gipfel zur Ostpartnerschaft Politik der offenen Tür für Kiew
Am zweiten Tag ihres Gipfels in Vilnius untermauert die EU ihr Ziel, auf die Ukraine zuzugehen. Deren Präsident Janukowitsch hat zwar das geplante Abkommen mit Brüssel auf Eis gelegt. Doch die Europäer wollen die Tür für sein Land offen halten.
Man kann ihnen nicht vorwerfen, dass sie nicht alles versucht hätten: Die prominentesten Oppositionspolitiker der Ukraine waren extra nach Litauen gereist, um den Europäern die Botschaft zu überbringen: "Wir wollen ja, aber unser Präsident nicht."
"Ich bin hier, um die Leute zu überzeugen, die Tür nicht zu schließen für die Ukraine", so Box-Legende und Europa-Freund Vitali Klitschko. Und die Tochter der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko hatte eine Botschaft ihrer inhaftierten Mutter dabei. "Ihre Aufforderung lautet: Sollte sich Janukowitsch doch noch in letzter Minute entschließen, das Abkommen zu unterzeichnen, sollte die EU ebenfalls unterschreiben", erklärte Jewgenija Timoschenko. "Auch ohne dass die Bedingungen erfüllt sind. Und auch ohne dass sie freigelassen wird."
Timoschenko als Zankapfel zwischen Brüssel und Kiew
Die EU hatte die Haft von Julia Timoschenko stets als Paradebeispiel für ukrainische Willkür-Justiz angeführt und gefordert, dass sich die weltweit bekannte Politikerin im Ausland behandeln lassen dürfe. Das ist nicht passiert.
Und auch ein Last-Minute-Sinneswandel des schlingernden Präsidenten Wiktor Janukowitsch, sich doch wieder geradewegs Richtung Europa zu bewegen, zeichnete sich nicht ab. "Leider sind noch nicht alle Erwartungen in Erfüllung gegangen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Vilnius. "Wir werden von hier aus sehr deutlich machen, dass die EU bereit ist, die Ukraine aufzunehmen als assoziiertes Mitglied, das Assoziierungsabkommen zu unterschreiben. Ich habe keine Hoffnung, dass das diesmal gelingt, aber die Tür ist offen."
Geld als Lockmittel
Das Wort "Tür" gehört überhaupt zu den meistgenutzten in diesen Tagen. Europa versichert der Ukraine einstimmig, dass sie diese nicht zuschlagen wird. Doch dass Janukowitsch durch diese Tür gehen wird - jetzt oder in den nächsten Monaten - gilt als ausgeschlossen. Denn letztlich geht es ums Geld: Russland hatte der Ukraine mit hohen Zöllen gedroht, sollte sich der Nachbar für ein Abkommen mit Europa entscheiden. Gleichzeitig ist die Ukraine vom russischen Gas abhängig.
"Ich denke, dass wir uns umgekehrt als Europäische Union auch die Frage stellen müssen, was wir tun können und müssen - sowohl wirtschaftlich als auch monetär, was das Geld angeht - um dem Volk zu helfen und dem Staat zu helfen", mahnte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in Litauen.
Doch Russlands Präsident Wladimir Putin soll dem unter Geldsorgen leidenden Nachbarn angeblich Summen in der Größenordnung von 20 Milliarden in Aussicht gestellt haben. Auf einen Wettstreit "Wessen Zuckerbrot ist das süßeste" kann und will sich Europa aber nicht einlassen.
Warnung vor Orientierung gen Moskau
Der EU-Parlamentarier Elmar Brok warnte die Ukraine - vor allem wirtschaftlich - vor einer Orientierung in die falsche Richtung. "Die Situation der Menschen in Russland ist doch eine Katastrophe", sagte Brok. "Und wenn sich die Ukraine daran hängt, dann wird sie diesen Standard behalten."
Immerhin gibt es zwei Kandidaten aus der östlichen Nachbarschaft, die eindeutig auf Europa-Kurs sind: Georgien und die Republik Moldawien. Und: Eine gute Nachricht die Ukraine betreffend gibt es dann doch: Staatspräsident Janukowitsch ist immerhin angereist. So ganz kalt lässt ihn Europa also doch nicht.