Keine Einigung in entscheidenden Punkten EU-Russland-Gipfel lässt viele Fragen offen
Die EU und Russland haben bei ihrem Gipfeltreffen keine Einigung in zentralen Fragen wie Visaerleichterungen und der Menschenrechten erzielt. Auch in der Energiefrage gebe es noch Meinungsverschiedenheiten, sagte EU-Kommissionspräsident Barroso - betonte aber trotzdem den beiderseitigen Willen zur Kooperation.
Beide Seiten betonten immer wieder, dass man an praktischen Lösungen arbeite. Aber die Pressekonferenz nach dem 30. EU-Russland-Gipfel erinnerte eher an ein einen Schlagabtausch. Sprach EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die Besorgnisse der EU hinsichtlich der Menschenrechtslage in Russland, zum Beispiel im Fall Magnitski, an, konterte Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem Verweis auf die Unterdrückung russischer Bürger im Baltikum.
Heftiger Streit zu Energiefragen
Ein regelrechtes Wortgefecht lieferte sich der russische Präsident mit EU-Kommissionschef José Manuel Barroso. Dabei ging es um ein europäisches Energiegesetz, das Öl und Gaslieferanten vorschreibt, sich von ihren Netzen zu trennen. Putin sieht das als Diskriminierung des russischen Energiegiganten Gazprom an. Keinen Millimeter kam man auch in der Visafrage voran. Russland drängt seit Jahren auf die visafreie Einreise seine Bürger. Die Erleichterungen bei der Visavergabe, die die EU vorgeschlagen hat, gehen Putin nicht weit genug.
Wer hilft Zypern?
Bei den Gipfelgesprächen selbst kein Thema war die Lage in Zypern, sehr wohl aber auf der abschließenden Pressekonferenz. Die kleine Inselrepublik ist de facto pleite und hat einen Antrag auf Hilfskredite aus dem Euro-Rettungsfonds gestellt. Die Verhandlungen gestalten sich aber schwierig.
Putin hält es nun für möglich, dass Russland Zypern Unterstützung gewährt. Sein Land verfüge über massive finanzielle Reserven. Zwar sei es zuerst an den Europäern, eine Lösung für die pleitebedrohte Inselrepublik zu finden. Aber "es kann eine Lage entstehen, in der Russland nicht ausschließt, sich bei der Stabilisierung Zyperns zu engagieren." Das müsse auf Expertenebene besprochen werden.
EU-Kommissionschef Barroso sagte dazu, dass man sich der engen Kontakte zwischen dem Euroland und Russland sehr wohl bewusst sei. Und er will sich einer Hilfe aus Moskau nicht entgegen stellen: "Es ist in erster Linie an Zypern und Russland, selbst zu entscheiden, was die russische Seite beitragen kann zur Verbesserung der finanziellen Lage Zyperns."
Zyperns Hauptproblem ist der absturzgefährdete Bankensektor. Ein Großteil der Bankeinlagen stammt von russischen Geschäftsleuten. Moskau hat daher ein großes Interesse am Erhalt des Finanzsektors auf der Mittelmeerinsel und hat Zypern daher schon einmal einen Milliardenkredit gewährt. In Brüssel wiederum verspürt man wenig Lust, mit dem Geld der europäischen Steuerzahler mutmaßliches Schwarzgeld russischer Oligarchen zu retten.