Anhörung der EU-Kommissare Ashton besteht erste Feuerprobe
Das EU-Parlament hat mit der Anhörung der 26 Kandidaten für die neue EU-Kommission begonnen. Als erste stellte sich EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton drei Stunden lang den Fragen der Abgeordneten. Große außenpolitische Initiativen waren von ihr nicht zu hören.
Von Katrin Brand, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die britischen Konservativen ließen nicht locker. Dass die neue EU-Außenpolitikchefin der EU in den 1970er-Jahren bei der Kampagne gegen atomare Aufrüstung mitgemacht hat, ist für sie offensichtlich schwer auszuhalten. Seitens der britischen Unabhängigkeitspartei verstieg sich William, Earl von Dartmouth, sogar zu der Forderung, Catherine Ashton müsse sich bei allen entschuldigen, die sie getäuscht habe. "Oder", rief er pathetisch, "sind Sie die Edith Piaf der Kommission: Nichts, nichts, ich bedaure nichts?"
Ob Naher Osten oder Afghanistan, zu allen Konfliktgebieten muss Ashton Position beziehen können.
EU-Außenpolitikchefin Ashton konnte locker kontern, denn die Sympathie der übrigen Europaabgeordneten war ihr sicher, als sie bekannte, sie habe in ihrer Jugend demonstriert, weil sie glaubte, Atomwaffen sollten abgeschafft werden: "Sie können etwas dagegen einwenden, wie ich das getan habe. Aber Sie können nichts dagegen einwenden, was ich erreichen wollte."
"Einzigartige Chance einer Generation"
Atomwaffen abzuschaffen sei heute erklärtes Ziel des US-Präsidenten, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu stoppen sei auch eines ihrer wichtigsten Ziele, so die Außenministerin in der dreistündigen Anhörung. Sichtlich nervös, aber sehr viel souveräner als noch vor zwei Monaten parierte die 53-jährige Britin die in schneller Folge abgefeuerten Fragen der Abgeordneten des Europaparlaments.
Bei der wichtigsten Frage blieb sie allerdings auch diesmal vage: der Frage nach dem neuen Auswärtigen Dienst der Europäischen Union. Ihn schlagkräftig aufzubauen sei ihre wichtigste Priorität, so Ashton, und das sei nicht nur eine "bürokratische Übung, sondern eine Chance, die nur einmal in einer Generation vorkommt". Nun könne etwas aufgebaut werden, das "alle unsere Elemente, politische, militärische, wirtschaftliche, zu einer schlüssigen Strategie zusammenbringt". Das sei ihre Vision.
Keine Antworten zu konkreten Fragen
Doch ein Konzept, wieviele Menschen gebraucht würden, wieviel Geld das kosten werde, will Ashton erst später vorlegen. Die EU-Staaten sollen im April darüber beraten und entscheiden können.
Oettinger nimmt die Befragung gelassen.
Genaueres wollten die Abgeordneten auch über ihre Arbeitsweise wissen. Wie zum Beispiel wolle sie sich gegen die drei Kollegen in der EU-Kommission durchsetzen, die ebenfalls mit außenpolitisch relevanten Themen zu tun hätten? "Wir haben sehr klar festgelegt, dass es in meiner Verantwortung liegen wird, den strategische Rahmen, die strategische Richtung festzusetzen", antwortete Ashton selbstbewusst. "Zu wenig", fand Franziska Brantner von den Grünen: "In der Außenpolitik reicht die Strategie meistens einen halben Tag, und dann kommt die wirkliche Aktion, und dann habem Sie nicht mehr zu sagen", hielt sie der EU-Außenpolitikchefin vor.
Kritik trotz kompetenten Auftritts
In vielen Fragen trieben die Abgeordneten Ashton um die Welt und versuchten, sie auf konkrete Aussagen festzulegen. Ob Iran, Afghanistan, westlicher Balkan oder Somalia: Die bislang als wenig qualifiziert eingeschätzte Britin hatte ihre Hausaufgaben gemacht.
Und doch hatte Alexander Graf Lambsdorff am Ende etwas zu kritisieren. Ashton sei nicht ehrgeizig genug, meinte der Abgeordnete der Liberalen und fragte direkt: "Stimmen Sie mir nicht zu, dass Ihnen als erster Amtsinhaberin eine besondere Rolle zukommt? Dass Ihr Amtsverständnis prägend sein wird für die Rolle des Hohen Vertreters/ Vizepräsident der Kommission?", wie die Amtsbezeichnung Ashtons in bestem EU-Deutsch lautet.
Doch das dürfte nicht ausreichen, um Ashtons Wahl in die Kommission ernsthaft in Gefahr zu bringen. Bis nächste Woche werden die übrigen 25 Nominierten in den Fachausschüssen des Parlamentes befragt. Am Donnerstag ist der deutsche Bewerber Günter Oettinger dran, er soll Energiekommissar werden. Am 26. Januar will das Parlament dann über die Kommission als Ganzes abstimmen.