Nach dem Kaukasus-Konflikt Wie hält es die EU mit Russland?
Die EU-Außenminister der Europäischen Union sind zu Beratungen über das angespannte Verhältnis der EU zu Russland zusammengekommen. Umstritten ist noch, ob Moskau das Waffenstillstandsabkommen erfüllt hat. Denn in Südossetien und Abchasien sind noch immer viel mehr Soldaten stationiert als das Abkommen vorsieht.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Seit dem Krieg im Kaukasus ist das Verhältnis zwischen der EU und Russland spürbar abgekühlt. Die EU hatte die Verhandlungen mit den Russen über ein neues Partnerschaftsabkommen auf Eis gelegt - und dabei sollte es bleiben, bis die Russen sich aus Georgien zurückgezogen haben. Bis Freitag wollten sie das tun - das hatte der russische Präsident Dimitri Medwedjew der EU zugesagt.
Der französische Außenminister Bernard Kouchner war am Freitag selbst nach Georgien geflogen, um sich davon zu überzeugen, ob die Russen wirklich Wort halten. Sein Fazit fiel positiv aus - wenn er auch alles andere als zufrieden mit der Situation war: "Der Rückzug ist vollständig – für den ersten Teil des Abkommens zumindest - aber natürlich ist das Abkommen nicht vollständig erfüllt", sagte Kouchner in Georgien.
Soldaten in Südossetien und Abchasien
Denn ursprünglich war vereinbart gewesen, dass der Zustand vor Ausbruch des Kaukasuskriegs wieder hergestellt wird - und davon kann keine Rede sein. Die Russen haben ihre Truppen zwar aus Georgien abgezogen - in den abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien sind aber noch über 7500 russische Soldaten stationiert. Und außerdem hat der Kreml die Unabhängigkeit der beiden Provinzen mittlerweile anerkannt.
Doch die französische EU-Präsidentschaft will sobald wie möglich die Beziehungen zu Russland wieder normalisieren. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy beschwört bereits wieder das schicksalhafte Verhältnis der EU zu Russland: "Wenn die Irritationen zwischen der EU und Russland anhalten, hätte das schwerwiegende Konsequenzen - für die Stabilität und das Wachstum des ganzen Kontinents und der Welt. Das Schicksal Europas und Russlands ist miteinander verbunden", sagte Sarkozy in der vergangenen Woche.
Osteuropäer gegen Normalisierung
Im November würde man gerne die Verhandlungen über das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland wieder aufnehmen, heißt es bei den Franzosen. Es geht unter anderem um eine Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen und um mehr Energiesicherheit für die Europäer - immerhin ist Russland der wichtigste Energielieferant.
Frankreichs Außenminister Kouchner und Hansjörg Haber, der deutsche Leiter der EU-Beobachtermission in Georgien, werden den Außenministern der EU heute in Luxemburg Bericht erstatten über den russischen Truppenabzug. Die osteuropäischen EU-Länder wollen von einer baldigen Normalisierung der Beziehungen zu Russland aber noch nichts wissen – sie setzen weiter auf Konfrontationskurs gegenüber dem Kreml. Deutschland dagegen unterstützt die Franzosen. Wie man sich am Ende einigen könnte, darauf wollte im Vorfeld niemand wetten.