Frankreich übernimmt EU-Ratspräsidentschaft Sarkozys Traum vom Mittelmeer-Kollektiv
Das Projekt Mittelmeer-Union soll während der französischen EU-Ratspräsidentschaft Fahrt aufnehmen. Frankreichs Präsident Sarkozy sieht sich schon als friedensstiftender Chef am Mittelmeer. Doch die EU bremst ihn aus.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Ein Auftakt nach Nicolas Sarkozys Geschmack soll das werden: am 13. Juli in Paris. Wenige Tage nach dem Beginn der französischen EU-Ratspräsidentschaft will Sarkozy diese gleich mit einem medialen Highlight schmücken. Die Mittelmeer-Union soll Fahrt aufnehmen. Frankreichs Präsident will Staats-und Regierungschefs aus den 27 EU-Staaten und aus den Mittelmeer-Anrainern um sich scharen. Das ist keine neue Idee - auch wenn Sarkozy bisweilen so tut. Aber der 1995 von den Spaniern angestoßene sogenannte Barcelona-Prozess dümpelt vor sich hin. Das bislang letzte Gipfeltreffen Ende 2005 in Barcelona wurde zum Fiasko. Die EU-Staaten schickten die erste Reihe ihrer Politiker. Die anderen Mittelmeer-Anrainern waren aber meist nur durch Außenminister oder Diplomaten vertreten.
Merkel stutzt Sarkozys Ambitionen
Den neuen Versuch, für den Sarkozy die Patenschaft übernehmen will, unterstützten seine EU-Amtskollegen im Grundsatz. "Wir haben jetzt alle Chancen, dem Mittelmeer-Prozess eine neue Dynamik zu geben", meinte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hat Sarkozy aber als Erste ehrgeizige Pläne kaputt gemacht. Der Franzose hätte seine Mittelmeer-Union am liebsten auf jene Länder reduziert, die wirklich am Mittelmeer liegen, und zwar unter französischer Führung. Einen Großteil der EU-Staaten hätte er damit ins Abseits gestellt. Die Bundeskanzlerin machte ihm klar, dass dieses Projekt nur als Projekt aller 27 Staaten entstehen könne - oder gar nicht. Sarkozy fügte sich.
Eine andere Frau ließ die Ambitionen Sarkozys weiter schrumpfen. Er möchte an die Spitze der Mittelmeer-Union gern zwei Präsidenten setzen, und zwar für längere Zeit: einen aus den Nicht-EU-Staaten, einen aus der EU - und da dachte Sarkozy zunächst an sich. Die EU-Kommission, konkret Außenkommissarin Benita Ferrero Waldner, möchte dagegen, dass jeweils die amtierende EU-Präsidentschaft im üblichen Halbjahres-Rhythmus auch der Mittelmeer-Union vorstehe. Das leite sich aus den EU-Verträgen ab. "Diese Verträge sagen, dass wir eine sechs Monate dauernde EU-Präsidentschaft haben", sagte sie. "Der erste Präsident wird Sarkozy sein. Das wird er zu würdigen wissen. Und außerdem ist der Gipfel in Paris. Aber danach, und das finde ich normal, gelten die Regeln der Union der 27."
Sarkozy sieht sich als Friedensstifter
So wurde Sarkozys Rolle zunehmend gestutzt. Die politischen Ambitionen bleiben. Die Mittelmeer-Union soll nicht nur den Wirtschaftsaustausch über das Meer hinweg intensivieren helfen. Sarkozy sieht sich auch schon als Friedensstifter. "Mittelmeer-Union: Das heißt auch, dass Israel in Paris sein wird - an der Seite arabischer Länder", sagte Sarkozy. "Ich sehe mit Interesse, was Israel gesagt hat über indirekte Friedens-Gespräche mit Syrien. Und vielleicht gibt es ja direkte Gespräche zwischen Israel und Syrien in Paris."
Dies zumindest hatte der israelische Regierungschef Ehud Olmert nicht ausgeschlossen. Doch es ist noch nicht einmal gesichert, dass die maßgeblichen arabischen Mittelmeer-Anrainer überhaupt nach Paris kommen werden. Als einer der ersten hat der angebliche Sarkozy-Freund und libysche Staatschef Ghaddafi mitgeteilt, mit ihm sei nicht zu rechnen. Er gebe dieser Mittelmeer-Union keine Zukunft.