Älteste Olympiasiegerin Holocaust-Überlebende Keleti gestorben
Sie überlebte den Holocaust und wurde zur erfolgreichen Olympiasportlerin: Nun ist Agnes Keleti mit 103 Jahren gestorben. Ihrem Sport blieb die fünffache Turn-Goldmedaillen-Gewinnerin lange treu.
Eine der großen Legenden des Turnsports ist tot. Die ungarische Olympiasiegerin und Holocaust-Überlebende Agnes Keleti ist im Alter von 103 Jahren gestorben. Das berichtete das Sportportal nemzetisport.hu unter Berufung auf die Familie der Verstorbenen. Sie war am 1. Weihnachtstag mit einer Lungenentzündung in kritischem Zustand in ein Krankenhaus eingeliefert worden.
Keleti gewann bei den Olympischen Spielen in Helsinki (1952) eine und in Melbourne (1956) vier Goldmedaillen im Turnen. Sie war die älteste lebende Olympiasiegerin der Welt.
"Ich lebe gut. Und ich liebe das Leben", sagte Keleti vor drei Jahren in einem Interview. Auf dem Bild ist die Olympiasiegerin bei ihrem 103. Geburtstag zu sehen.
Flucht durch die falsche Identität
"Diese 100 Jahre haben sich für mich wie 60 angefühlt", sagte Keleti der Nachrichtenagentur AP kurz vor ihrem 100. Geburtstag. "Ich lebe gut. Und ich liebe das Leben. Es ist großartig, dass ich immer noch gesund bin."
Keleti kam 1921 in Budapest als Agnes Klein als Kind einer jüdischen Familie zur Welt. Ihre aufstrebende Laufbahn als Turnerin endete, als Ungarn sich mit dem Deutschen Reich verbündete und im Zuge des Zweiten Weltkriegs ebenfalls Juden verfolgte.
Keleti wurde dazu gezwungen, wegen ihrer jüdischen Herkunft aus ihrem Turnverein auszusteigen. Sie versteckte sich auf dem Land in Ungarn und überlebte den Massenmord an den europäischen Juden, indem sie eine falsche Identität annahm und als Dienstmädchen arbeitete. Auch Keletis Mutter und Schwester überlebten. Ihr Vater und weitere Verwandte wurden im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Dem Turnsport blieb sie auch mit Mitte 90 treu: Keleti bei einer Trainingseinheit für Jugendliche 2016 in Budapest.
Rückkehr nach Ungarn nach der Wende
Nach 1945 startete sie erneut ihre sportliche Karriere. Als vierfache Olympiasiegerin in Melbourne 1956 hatte sie mit 35 Jahren bereits ein ungewöhnliches Alter für eine Spitzenturnerin erreicht. Kurz vor ihren Siegen in Australien hatte die Sowjetunion die ungarische Revolution blutig niedergeschlagen, um das dortige kommunistische Regime an der Macht zu halten.
Keleti entschied sich, nicht in ihre Heimat zurückzukehren, und blieb vorerst in Australien. 1957 wanderte sie nach Israel aus. Dort arbeitete sie bis in die 1990er-Jahre als Trainerin für das israelische Olympia-Turnteam. Nach der demokratischen Wende von 1989/90 besuchte sie Ungarn immer häufiger. In ihren letzten Lebensjahren ließ sie sich endgültig in Budapest nieder.