Julian Assange verlässt im Mai 2019 ein Londoner Gericht

WikiLeaks-Gründer Assanges langer Kampf gegen die Auslieferung

Stand: 20.05.2024 16:39 Uhr

Das juristische Tauziehen um Assange und seine Auslieferung an die USA dauert bereits Jahre. Die USA wollen ihn wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente vor Gericht stellen. Es droht ihm lebenslange Haft. Eine Chronologie der Ereignisse.

2010

Von Juli bis Oktober veröffentlicht die Enthüllungsplattform WikiLeaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente, die mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak zu tun haben. Weitere 250.000 Dokumente kommen später hinzu. Die Dokumente enthalten brisante Informationen über die US-Einsätze in diesen Ländern, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen.

Im November erwirkt die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Sexualdelikte vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigung zurück und stellt sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kommt er gegen Kaution auf freien Fuß.

2011

Im Februar gibt ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äußert sich besorgt: Er fürchtet, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte.

2012

Assange flieht im Juni in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. 

2016

Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht WikiLeaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton, welche die Wahl letztlich gegen den Republikaner Donald Trump verliert.

2017

Die Staatsanwaltschaft in Schweden stellt die Ermittlungen gegen Assange ein. 

2018

Ecuador erklärt, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges "unhaltbare" Situation zu beenden. Im März kappt das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge. In den USA taucht ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019

Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl "wiederholt verletzt". Nach sieben Jahren in der Botschaft nimmt die britische Polizei Assange im April fest, nachdem ihm zuvor das Asyl entzogen worden war. Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt. Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem WikiLeaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis.

2020

Ende Februar beginnt in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Im April wird bekannt, dass der WikiLeaks-Gründer während seines Asyls in der Botschaft von Ecuador zwei Mal Vater wurde. Das enthüllt die Mutter der beiden kleinen Jungen, Stella Moris. Sie war Mitglied von Assanges Anwaltsteam.

Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.

2021

Das zuständige Londoner Gericht entscheidet am 4. Januar, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Wegen der strikten Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten bestehe das "beträchtliche" Risiko, dass sich Assange im Gefängnis das Leben nehmen könnte. Die US-Regierung legt Berufung ein. 

Im Dezember gibt der High Court in London der US-Seite Recht und hebt das Auslieferungsverbot auf. Kurz darauf gibt Assanges Verlobte Moris bekannt, dass der WikiLeaks-Gründer Ende Oktober einen leichten Schlaganfall erlitten habe.

2022

Assange zieht im Januar vor den Supreme Court in London. Am 14. März entscheidet der Oberste Gerichtshof jedoch, sich nicht mit dem Berufungsantrag des Australiers gegen seine Auslieferung zu befassen. 

Am 23. März heiraten Assange und Moris. Sie geben sich im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons das Ja-Wort.

Am 20. April erlässt der Westminster Magistrates Court schließlich einen Auslieferungsbeschluss. Am 17. Juni unterzeichnet Innenministerin Priti Patel die entsprechende Anweisung zur Auslieferung. Dagegen legt Assange Anfang Juli Berufung ein.

2024

Im Februar 2024 wird vor dem High Court in London zwei Tage über die Gewährung eines erneuten Einspruchs Assanges gegen seine Auslieferung verhandelt. Eine Entscheidung wird vertagt. Das Gericht fordert von den USA Garantien, dass Assange bei einem Verfahren in den USA unter dem Schutz der Gesetze zur Meinungsfreiheit stehe und ihm nicht die Todesstrafe drohe. 

Im April erklärt US-Präsident Joe Biden, dass die USA ein australisches Ersuchen prüfen, die Strafverfolgung von Assange zu beenden. 

Am 20. Mai entscheiden die Richter am Londoner High Court, dass die Garantien nicht ausreichen und erlauben Assange, noch einmal in Berufung zu gehen.

(afp)

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 20. Mai 2024 Deutschlandfunk um 12:20 Uhr und tagesschau24 um 14:00 Uhr.