Russische Menschenrechtsorganisation Gericht verfügt Aus für Moskauer Helsinki-Gruppe
Ein Gericht in Russland hat die Schließung der Moskauer Helsinki-Gruppe angeordnet. Gegründet zu Sowjetzeiten war sie die älteste Menschenrechtsorganisation im Land. Die Bürgerrechtler wollen Einspruch einlegen.
Ein Gericht in der russischen Hauptstadt hat die Schließung der noch zu Sowjetzeiten gegründeten Menschenrechtsorganisation Moskauer Helsinki-Gruppe verfügt. Dem Antrag des russischen Justizministeriums auf Liquidierung werde stattgegeben, entschied Richter Michail Kasakow im Moskauer Stadtgericht.
Es habe "die Bitte des russischen Justizministeriums erfüllt" und die "Auflösung" dieser Nichtregierungsorganisation (NGO) und ihre Löschung aus dem Register juristischer Personen angeordnet, erklärte das Gericht auf dem Nachrichtendienst Telegram.
Justizministerium beantragte die Auflösung
Ende Dezember hatte die Moskau-Abteilung des Justizministeriums einen Antrag gestellt und die "Auflösung der Moskauer Helsinki-Gruppe und ein Verbot ihrer Aktivitäten auf russischem Gebiet" gefordert. Der NGO wurde vorgeworfen, ihren regionalen Status verletzt zu haben, indem sie außerhalb von Moskau agierte. So habe die Organisation Prozesse beobachtet und an Veranstaltungen regionaler Partner teilgenommen.
Die Anwälte der Moskauer Helsinki-Gruppe kündigten umgehend an, in Berufung zu gehen. Die russischen Gerichte gelten als vom Kreml gesteuert, weshalb die Entscheidung erwartet worden war. Viele NGOs beklagen politische Verfolgung durch die russische Justiz.
Bürgerrechtlerin Alexejewa ist frühere Vorsitzende
Die 1976 gegründete Helsinki-Gruppe ist die älteste Menschenrechtsorganisation Russlands. Sie wurde kurz nach der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE) ins Leben gerufen, als die sowjetische Delegation die Schlussakte von Helsinki unterzeichnete. Zu Sowjetzeiten wurde die Gruppe allerdings verfolgt. Erst später ließ der behördliche Druck nach. Die prominente Menschenrechtlerin Ljudmila Alexejewa war bis zu ihrem Tod 2018 Vorsitzende der NGO.
Der aktuelle Vorgang erinnert an die Auflösung der Organisation Memorial im Dezember 2021. Memorial setzte sich für die Aufarbeitung der politischen Verfolgung und des stalinistischen Terrors in der Sowjetunion ein, aber auch für die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte im heutigen Russland.
Die russische Regierung geht seit dem Beginn der Militäroffensive gegen die Ukraine verstärkt gegen ihre Kritiker vor. Die Behörden nutzen eine Reihe von Gesetzen, die Kritik unterdrücken sollen und bis zu 15 Jahre Haft für die Verbreitung "falscher Informationen" über das Militär vorsehen. Der Großteil der russischen Opposition ist inzwischen entweder im Gefängnis oder im Exil.