Einfluss auf die Europawahl? Belgien deckt prorussische Netzwerke auf
Erneut haben Geheimdienste eines EU-Staates Strukturen aufgedeckt, mit denen Russland offenbar Einfluss auf die bevorstehende Europawahl nehmen will. Belgiens Regierungschef De Croo fordert ein entschlosseneres Vorgehen der EU.
Von Russland gesteuerte Netzwerke versuchen belgischen Ermittlern zufolge, prorussischen Kandidaten zu Erfolgen bei der Europawahl zu verhelfen. Belgische Nachrichtendienste hätten "die Existenz prorussischer Einmischungsnetzwerke" entdeckt, die in mehreren europäischen Ländern aktiv gewesen sein sollen, sagte Belgiens Regierungschef Alexander De Croo.
Den Informationen der Geheimdienste zufolge bestehe das Ziel Moskaus darin, möglichst viele prorussische Kandidaten in das Europäische Parlament zu bekommen und so ein prorussisches Narrativ in dieser Institution zu verstärken.
Welche Politikerinnen oder Politiker Ziel der Beeinflussungsversuche sind, sagte De Croo nicht. Er bestätigte lediglich, dass die belgische Justiz Ermittlungen gestartet habe und es derzeit keine Hinweise auf die Übergabe von Geldern in Belgien selbst gibt.
Prorussisches Portal enthüllt
Ende März hatte Tschechien die Internetplattform "Voice of Europe" (VoE) auf die nationale Sanktionsliste gesetzt, nachdem Geheimdienste gegen das prorussische Portal ermittelt hatten. Die Internetseite sei Teil einer russischen Einflussoperation, deren Ziel es sei, die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Freiheit der Ukraine infrage zu stellen.
Auf dem in Tschechien gesperrten Portal waren unter anderem Interviews mit dem AfD-Politiker Petr Bystron und seinem Parteikollegen Maximilian Krah erschienen.
Die tschechische Zeitung "Denik N" hatte berichtet, Bystron habe möglicherweise auch Geld entgegengenommen. Der AfD-Abgeordnete hat das mehrfach zurückgewiesen. Bystron steht auf Platz zwei der AfD-Bundesliste für die Europawahl, Krah geht als Spitzenkandidat der Partei in die Wahl.
EU-Behörde könnte gegen Einflussnahme vorgehen
De Croo sagte zu den Ermittlungen in Belgien: "Wir können diese Art der russischen Bedrohung in unserer Mitte nicht zulassen." Es müsse auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene gehandelt werden. Konkret schlug er vor zu prüfen, ob das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Office Européen de Lutte Anti-Fraude, OLAF) diese Art von Bedrohungen verfolgen könne. Wenn nicht, sollte das Mandat der Behörde erweitert werden.
Beobachter befürchten, dass die Versuche der Einflussnahme zur Europawahl noch einmal zunehmen könnten. Bereits seit Jahren versucht Russland, europäische Länder zu destabilisieren - mithilfe von Mediennetzwerken, Fake-Accounts und orchestrierten Kampagnen.
Nach eigenen Angaben ist De Croo zu dem Fall auch in engem Austausch mit der Europaparlamentspräsidentin Roberta Metsola. Die Europawahl findet vom 6. bis zum 9. Juni statt.
In Deutschland wird am Sonntag, 9. Juni, zur Wahlurne gerufen. Gewählt werden die mehr als 700 Abgeordneten des Europaparlaments. Das Parlament ist eng an der europäischen Gesetzgebung beteiligt, zudem hat es ein Mitspracherecht bei der Zusammensetzung der nächsten EU-Kommission.