Schüsse in Kopenhagen Polizei geht nicht von Terrorakt aus
Nach den tödlichen Schüssen in einem Einkaufszentrum von Kopenhagen geht die Polizei nicht von einem terroristischen Hintergrund aus. Der Tatverdächtige habe in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt.
Bei dem Angriff in einem Kopenhagener Einkaufszentrum mit mindestens drei Toten hat es sich nach Ansicht der dänischen Polizei nicht um eine Terrortat gehandelt. "Es gibt keine Hinweise in den Ermittlungen, Dokumenten oder Zeugenaussagen, die belegen könnten, dass es sich um Terror handelt", sagte Chefinspekteur Søren Thomassen bei einer Pressekonferenz.
Der Tatverdächtige habe in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt und sei den psychiatrischen Diensten bekannt, fügte er hinzu. Zu einem Motiv wollte sich Thomassen zunächst nicht äußern.
Der 22-Jährige hatte am Freitag Videos veröffentlicht, die die Polizei nun als authentisch einschätzte. Darin posiert der 22-Jährige mit Waffen, ahmt Selbstmordgesten nach und spricht von Psychopharmaka, "die nicht wirken". Die YouTube- und Instagram-Konten, die dem Tatverdächtigen gehören sollen, wurden in der Nacht zum Montag gesperrt. In seiner Befragung gab er laut Polizei zu, während des Schusswaffenangriffs in dem Einkaufszentrum gewesen zu sein. Die Ermittler nahmen mehrere Durchsuchungen vor.
Keine Hinweise auf Komplizen
Thomassen sagte weiter, der mutmaßliche Schütze habe allem Anschein nach allein gehandelt. Es gebe keine Hinweise, dass der Festgenommene Komplizen gehabt habe. Er habe wahllos auf Menschen gefeuert. Einige Zeugen sagten, der Mann habe Menschen in die Falle zu locken versucht, indem er ihnen beispielsweise gesagt habe, seine Waffe sei nicht echt.
Der Tatverdächtige war nach Polizeiangaben kurz nach dem Eintreffen der Sicherheitskräfte festgenommen worden, ohne dass er Widerstand leistete. Bei ihm wurden demnach ein Gewehr und ein Messer gefunden. Außerdem habe der Mann Zugang zu einer Pistole gehabt, erläuterte Thomassen.
27 Verletzte im Zusammenhang mit Amoklauf
Bei dem Angriff starben ein 47-jähriger Mann mit russischer Staatsbürgerschaft, der in Dänemark lebte, und zwei 17-jährige dänische Jugendliche. Mindestens 27 Menschen wurden verletzt. Neben den vier Menschen, die der Täter durch Schüsse schwer verletzt habe, seien drei weitere Personen wegen möglicher Streifschüsse behandelt worden, teilte die Kopenhagener Polizei mit.
20 Menschen hätten sich außerdem bei der Flucht aus dem Einkaufszentrum leichtere Verletzungen zugezogen. Dazu zähle etwa ein gebrochenes Bein oder ein gebrochener Arm, sagte ein Sprecher der dänischen Hauptstadt-Region dem Fernsehsender DR.
Drei der vier durch Schüsse Verletzten sind inzwischen außer Lebensgefahr. Eine Person befinde sich noch in kritischem Zustand, sagte Chefarzt Kasper Claudius vom Kopenhagener Krankenhaus Rigshospitalet bei einer Pressekonferenz am Morgen.
Augenzeugen berichten von chaotischen Szenen
Der Angriff ereignete sich im Einkaufszentrum "field's", das im Stadtteil Amager zwischen dem Zentrum der dänischen Hauptstadt und dem Flughafen liegt. Als die ersten Schüsse fielen, hätten mehr als hundert Menschen rennend das Einkaufszentrum verlassen, meldeten dänische Medien unter Berufung auf Augenzeugen. Diese berichteten, dass sich Menschen in den Läden der Mall versteckt hätten.
Einer von ihnen sagte dem Sender DR, er habe drei oder vier sehr laute Knalle gehört, als er gerade mit seiner Familie in einem Geschäft war. Dann seien andere Menschen in den Laden gerannt und hätten von Schüssen berichtet, daraufhin sei er mit seiner Familie durch einen Notausgang geflohen, sagte der Mann. Die Polizei rief Augenzeugen auf, Video- und Fotomaterial zur Verfügung zu stellen.
Polizisten hatten das Einkaufszentrum durchsucht und den Tatverdächtigen festgenommen.
Konzert von Styles abgesagt
Ein Auftritt des britischen Sängers Harry Styles in einer nahe gelegenen Konzerthalle wurde abgesagt. Der Konzertveranstalter teilte mit, dies sei auf Anordnung der dänischen Polizei geschehen. Styles sprach den Opfern und deren Angehörigen sein Beileid aus. Es wird vermutet, dass sich viele Konzertbesucher in dem Einkaufszentrum aufhielten, zum Beispiel um noch etwas zu essen.
Frederiksen verurteilt Angriff
Ministerpräsidentin Mette Frederiksen verurteilte die Tat als "grausamen Angriff". "Wir alle wurden brutal aus dem strahlenden Sommer gerissen, den wir gerade erst begonnen hatten", teilte Fredriksen mit. "Es ist unverständlich. Herzzerreißend. Zwecklos. Unsere schöne und sonst so sichere Hauptstadt wurde im Bruchteil einer Sekunde verändert." Die Regierungschefin dankte der Polizei und den Rettungskräften sowie allen Menschen, die bereit waren zu helfen, für ihren Einsatz.
Kopenhagens Oberbürgermeisterin Sophie H. Andersen zeigte sich entsetzt über den Vorfall. Es sei "furchtbar", twitterte sie. Die Stadt stehe in engem Kontakt mit der Polizei und sei bereit zu helfen.
Das dänische Königshaus rief zum Zusammenhalt auf. "Die Situation erfordert Einigkeit und Fürsorge, und wir danken der Polizei, den Rettungsdiensten und den Gesundheitsbehörden für ihr schnelles und effektives Handeln in diesen Stunden", hieß es in einer Mitteilung von Königin Margrethe II. und dem Kronprinzenpaar - Frederik und Mary - am späten Sonntagabend. Die Königsfamilie zeigte sich betroffen von der "schockierenden Nachricht". "Unsere Gedanken und unser tiefstes Mitgefühl sind bei den Opfern, ihren Angehörigen und allen Betroffenen der Tragödie."
Bundesregierung spricht Opfern Mitgefühl aus
Die Bundesregierung sprach den Opfern ihr Mitgefühl aus. "Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen der Opfer, den vielen Verletzten wünschen wir eine baldige und umfassende Genesung", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock drückte ebenfalls ihre Anteilnahme aus. Sie schrieb bei Twitter: "Dass Menschen mitten im Herzen einer europäischen Stadt derart furchtbar aus dem Leben gerissen werden, erfüllt mich mit tiefer Trauer." Ihre Gedanken seien bei den Familien und Freunden. "Ich wünsche allen Verletzten eine schnelle und vollständige Genesung."