Thronwechsel Warum die Dänen die Monarchie nicht missen möchten
Nach 52 Jahren dankt Königin Margrethe II. am Sonntag ab und macht Platz für ihren Sohn Frederik. Ein Anlass zu Zweifel an der Monarchie ist der Thronwechsel nicht.
Wer die Schätze der dänischen Monarchie sehen möchte, muss unter die Erde. Unter dem Rosenborger Schloss in Kopenhagen liegen sie in einer Schatzkammer, die mit dicken Panzertüren gesichert ist. Kronen, Juwelen und Zepter, getragen von Dänemarks Königen, deren Reich sich einst über weite Teile Nordeuropas erstreckt hat.
Gut behütet, aber nicht mehr im Einsatz sind die Kronen des dänischen Königshauses.
Doch die Insignien der Macht braucht heute keiner mehr, erklärt die Historikerin Emma Rønberg Paaske. "Mit dem Übergang zur Demokratie und unserer konstitutionellen Monarchie haben wir sowohl Krönungen als auch Salbungen über Bord geworfen und sind zu einer Proklamation übergegangen."
Älteste Monarchie Europas
Dänemark gilt als die älteste Monarchie Europas. Von der Wikingerzeit bis heute saßen mehr als 50 Königinnen und Könige auf dem Thron. Doch auch den braucht heute keiner mehr. Aber eines, glaubt die Historikerin Paaske, sei über die lange dänische Monarchiegeschichte immer gleich geblieben. "Es ist enorm wichtig, ob der König oder die Königin beliebt ist. Und es macht einen Unterschied, ob wir nach der Monarchie oder nach Mitgliedern des Königshauses fragen. Zurzeit ist es so, dass die Menschen die Königsfamilie deutlich stärker unterstützen als die Monarchie als solche."
Dänen mögen ihre Königin
Laut einer aktuellen Umfrage sprechen sich 70 Prozent der Däninnen und Dänen für die Beibehaltung der Monarchie aus. Diese Zustimmungswerte haben viel mit Dänemarks Königin zu tun. Die Monarchin ist vielen ans Herz gewachsen. Auch weil sie neben der Tradition immer ihre Eigenarten behalten hat. "Sie ist Mensch geblieben. Sie geht auf andere zu", sagt die Kopenhagerin Annette und fügt hinzu, dass die Monarchie ganz und gar nicht aus der Zeit gefallen sei. "Sie gehört zu unserer Geschichte. Wir wollen nicht darauf verzichten. Wir sind Royalisten!"
Wenn am Schloß Amalienborg, einem von vielen Schlössern der königlichen Familie, am Mittag die Wachablöse kommt, zieht das viele Touristen an. Die Monarchie ist auch ein Werbeträger für das Land. Und doch ist sie mehr. Jedes Jahr, wenn das dänische Parlament zusammenkommt, ist die königliche Familie dabei. Denn die Königin beruft als Staatsoberhaupt die Regierung.
Bedeutung für das Gemeinschaftsgefühl
Der Autor Thomas Larsen begleitet die königliche Familie in Dänemark für seine Bücher seit vielen Jahren. Er meint, dass ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. "Die königliche Familie schafft ein Gemeinschaftsgefühl. Etwas, das uns in sehr polarisierenden Zeiten mit tiefen Gräben fehlt. Auch politisch kann die königliche Familie helfen, das Land zu einen."
Eine Aufgabe, die nun auf Kronprinz Frederik zukommt. Früher als erwartet. Denn durch die überraschende Abdankung seiner Mutter Margrethe wegen gesundheitlicher Probleme wird er am Sonntag als Frederik X. ausgerufen - Dänemarks neuer König. Eine Aufgabe, auf die er sich lange vorbereiten konnte.
Bereit für die Krone: Frederik und seine Frau Mary
Große Erwartungen an Frederik
Und doch ist Frederik anders als seine Mutter. Statt Klassik mag er Rock, statt großer Reden lieber Sport. "Königin Margrethe wusste fast alles zu unserer Geschichte und konnte besonders gut Dänemarks Entwicklung erklären. Das hat sie jedes Jahr in ihren Neujahrsansprachen gemacht", so Larsen. "Für Frederik wird das eine neue Herausforderung. Er muss den großen Erwartungen nun gerecht werden."
Freiwillig abdanken - das gab es in Dänemark vor Margrethe zuletzt vor fast 1.000 Jahren. Die Entscheidung ihrer Königin hat das Land überrascht. Und doch respektieren die Menschen ihre Entscheidung. Der Platz von Margrethe II. in der langen Geschichte der dänischen Monarchie ist gesichert. Ihr Sohn und Nachfolger muss ihn nun für sich erarbeiten.