Milorad Dodik

Präsident der Republika Srpska Warum nimmt niemand Dodik fest?

Stand: 27.03.2025 11:37 Uhr

In Bosnien und Herzegowina versuchen serbische Nationalisten, ihren Landesteil aus dem Gesamtstaat herauszulösen. Gegen den Präsidenten der Republika Srpska liegt ein Haftbefehl vor. Doch niemand nimmt ihn fest. Warum?

Von Oliver Soos , ARD Wien

Ein Videoclip zeigt, wie gut beschützt der Präsident der Republika Srpska in diesen Tagen in seinem Landesteil unterwegs ist. Obwohl gegen ihn ein Haftbefehl vorliegt, besucht Milorad Dodik das Rathaus der Stadt Zvornik. Als er aus dem Auto steigt, huschen sofort Männer in Tarnuniformen mit Maschinenpistolen durchs Bild.

Dodik soll oft 40 bis 50 solcher Leibwächter um sich haben. Es sind Polizisten und Antiterrorspezialisten des Innenministeriums der Republika Srpska. Soldaten sind nicht darunter, denn eine Armee hat nur der Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina.

Es gibt viele verschiedene Vorwürfe gegen Dodik, auch von internationaler Seite: Er treibe die Abspaltung der Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina voran, er schüre Nationalismus, leugne den Genozid bosnisch-serbischer Streitkräfte an den Bosniaken während des Bosnienkriegs, er sei ein Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin und besuche ihn regelmäßig - und er regiere in der Republika Srpska hochkorrupt.

Dodik steht deshalb unter Sanktionen der USA und Großbritanniens. Er soll die Republika Srpska wie ein Familienunternehmen führen. Laut Transparency International bekommen den Großteil der staatlichen Aufträge Businessleute aus Dodiks Familie und Freundeskreis.

Angst vor der Auseinandersetzung

Die Staatspolizei (SIPA) weigert sich bislang, den serbischen Nationalisten festzunehmen. Laut Informationen des ARD-Studios Wien herrscht bei der Führungsebene der Polizei mehrheitlich die Meinung vor, dass eine Auseinandersetzung mit Dodiks Sicherheitskräften zu riskant wäre. Man befürchtet außerdem, dass erschossene bosnisch-serbische Polizisten auf der Straße für einen Aufruhr in der Bevölkerung sorgen könnten.

Die Bürger verhalten sich bislang ruhig, doch kaum jemand scheint hinter Dodik und seinen Konflikten mit der bosnischen Justiz zu stehen. Gegen den Präsidenten gibt es viel Ablehnung.

Diesen Eindruck erweckt unter anderem eine Straßenumfrage des Nachrichtenportals vijesti.ba, in Banja Luka, der zentralen Stadt der Republika Srpska. "Ich war 15 Jahre für Dodik, jetzt habe ich gemerkt, dass er ein korrumpierter Hochstapler ist", sagt ein Rentner.

Ein junger Mann ergänzt: "Am besten wäre, Dodik wird verhaftet und der Korruption und Kriminalität in unserem Land werden ein Ende gesetzt." Und eine ältere Frau wünscht Dodik und "seine Bande" gar auf die ehemalige jugoslawische Gefängnisinsel Goli Otok, "dass sie dort Steine hacken".

Mehrjährige Haftstrafen drohen

Je länger nichts passiert und Dodik auf freiem Fuß bleibt, desto größer ist der Schaden für den Rechtsstaat Bosnien und Herzegowina. Es liegen Haftbefehle gegen Milorad Dodik sowie gegen den Premier der Republika Srpska, Radovan Viskovic, und den Parlamentsvorsitzenden, Nenad Stevandic vor. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen.

Den Politikern wird ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Gesamtstaats vorgeworfen. Sie waren einer Vorladung der Staatsanwaltschaft von Bosnien und Herzegowina nicht gefolgt.

Karte Bosnien Herzegowina, Republika Srpska mit dem Ort Zvornik

An verfassungswidrigen Gesetzen beteiligt

Dodik, Viskovic und Stevandic waren an mehreren verfassungswidrigen Gesetzen der Republika Srpska beteiligt. Demnach sollte den staatlichen Organen von Bosnien und Herzegowina, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und dem Staatsgericht, der Zugang zum Territorium der Republika Srpska verwehrt werden.

Dodik rief alle serbischen Bediensteten in diesen Einrichtungen dazu auf, zur Republika Srpska überzulaufen. "Wir werden dafür sorgen, dass sie ihren Dienstgrad behalten. Sie werden bei uns einen höheren Lohn bekommen", versprach Dodik.

Doch der Aufruf lief bislang ins Leere. Die gesamtstaatlichen Organe sind weiterhin in der Republika Srpska aktiv und dort wird bislang auch nicht gegen sie vorgegangen. Dodiks Drohung, jeglichen Einfluss des Gesamtstaats aus der Repulika Srpska fernzuhalten, ist im Moment vor allem eine Drohgebärde.

Bereits Ende Februar zu einem Jahr Haft verurteilt

Dodik hatte bereits einen ersten Prozess. Ende Februar wurde er erstinstanzlich zu einem Jahr Haft und sechs Jahren Amtsverbot verurteilt, weil er illegale Gesetzesbeschlüsse der Republika Srpska per Dekret durchgesetzt hatte. Demnach sollten die Entscheidungen des Verfassungsgerichts und des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina in der Republika Srpska nicht gelten. Doch Dodik weigert sich, das Urteil zu akzeptieren.

Nun sorgte er in dieser Woche für weiteres Aufsehen mit einer Aktion, die so wirkt, als ob er zeigen wolle, dass er dem bosnischen Rechtsstaat immer noch auf der Nase herumtanzen kann. Laut bosnischen Medien setzte sich Dodik, trotz seines Haftbefehls, heimlich in ein Flugzeug, eine Cessna der Regierung der Republika Srpska und flog zuerst in die serbische Hauptstadt Belgrad und dann weiter nach Israel zu einer Konferenz gegen Antisemitismus.

Die Staatsanwaltschaft von Bosnien und Herzegowina hat nun einen internationalen Haftbefehl ausgestellt und setzt auf die Polizeibehörde Interpol. Allerdings dürfte weder von den israelischen noch von den serbischen Behörden Kooperation zu erwarten sein. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. März 2025 um 09:12 Uhr.