Beschädigtes Holiday Inn Express Hotel in Rotherham, Großbritannien.

Angriffe von Rechtsextremen Britische Regierung will hart durchgreifen

Stand: 05.08.2024 20:14 Uhr

Nach den Angriffen von Rechtsextremen in England will die Regierung hart durchgreifen. Premier Starmer kündigte ein "stehendes Heer von Beamten" an. Experten sehen Falschinformationen im Netz als Auslöser der Gewalt.

Die Gewalt in britischen Städten am Wochenende war extrem. Einen Tag nach den Ausschreitungen in der nordenglischen Stadt Rotherham, wo Rechtsextreme die Fensterscheiben eines Hotels einschlugen, in dem sich Asylsuchende aufhielten, meldete sich der Bürgermeister, Oliver Coppard, in der BBC zu Wort. Die Angreifer hätten das Hotel anzünden wollen, sagte er.

Wenn die Polizei sie nicht aufgehalten hätte, wäre das wohl auch so gekommen. Rund 240 Asylsuchende hielten sich in dem Low-Budget-Hotel auf - aus Kriegsgebieten, wie Coppard sagte. Sie mussten evakuiert werden.

Ein neues Maß an Gewalt

Auch die Polizei ist entsetzt von der rohen Gewalt. Tiffany Lynch, von der Police Federation, die britische Polizisten repräsentiert, sagte, sie habe mit den Einsatzkräften in Rotherham gesprochen. Diese hätten so etwas noch nie erlebt, selbst die älteren nicht. Dieses Maß an Gewalt, so Lynch, sei neu.

Für die Polizei ist zusätzlich herausfordernd, dass Proteste und Ausschreitungen teilweise spontan im Internet organisiert werden, also für die Einsatzkräfte unter Umständen schwer planbar sind.

Viele Muslime haben Angst

Vertreter der muslimischen Community berichten von der Angst, die viele Muslime nun davor hätten, auf die Straße zu gehen, nachdem gezielt Moscheen angegriffen und ein muslimisches Café und ein Supermarkt angezündet wurden.

In 50 Jahren habe er so etwas noch nicht erlebt, sagte Haji Jaber von der Islamic Society Cleveland. Das seien keine Protestierenden gewesen, sondern Menschen, die einfach zerstören wollten.

"Selbstbewusste rechtsextreme Bewegung"

Für die Experten sind die Ausschreitungen jedoch keine Überraschung. Jacob Davey vom Institute for Strategic Dialogue, einer NGO, die sich unter anderem gegen Desinformation einsetzt, ist Experte für Extremismus. Er sagt: "Wir haben eine zunehmend selbstbewusste rechtsextreme Bewegung im Vereinigten Königreich, auch weltweit hat die Bewegung in den letzten Jahren an Selbstvertrauen gewonnen." Nach dem Messerangriff auf kleine Mädchen in Southport hätten dann unterschiedliche Akteure Falschinformationen im Internet geteilt, um Hass auf den Straßen zu entfachen.

Davey meint: "Es gibt nicht die eine Gruppe, die das Ganze organisiert. Stattdessen stecken lose Netzwerke hinter den Protesten mit diversen Followern, von Neonazi-Extremisten bis zu Fußball-Hooligans, die alle vernetzt sind und durch das Teilen von viralen Falschinformationen aktiviert werden."

Regierung setzt auf Law and Order

Die britische Regierung setzt auf Law and Order, auf Abschreckung durch hartes Durchgreifen der Polizei. Premierminister Keir Starmer sprach von einer Art "stehendem Heer von spezialisierten Beamten", die bereit stehen sollen. Die Strafverfolgungsverfahren würden beschleunigt. Es habe bereits Hunderte Festnahmen gegeben, und einige seien schon vor Gericht erschienen.

Doch das ist nur ein erster Schritt, der das Symptom bekämpft: die extreme Gewalt auf den Straßen. Die Undurchsichtigkeit der diffusen Online-Netzwerke, die rechtliche Schwierigkeit, das Verbreiten von Falsch-Informationen darin einzudämmen, und die enorme Unzufriedenheit und Gewaltbereitschaft vieler Bürger werden für die neue Labour-Regierung wohl zu großen Herausforderungen. 

Franziska Hoppen, ARD London, tagesschau, 05.08.2024 19:08 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 05. August 2024 um 20:00 Uhr.