Statistikamt Eurostat Mehrere Mitglieder brechen EU-Schuldenvorgaben
Der Großteil der EU-Länder gab 2023 mehr aus als er einnahm. Elf der Mitgliedsstaaten rissen den Grenzwert für Haushaltsdefizite, Deutschland nicht. Bei der Schuldenquote liegt die Bundesrepublik aber noch über der Obergrenze.
Mehrere EU-Mitgliedstaaten haben 2023 die Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden gebrochen. Elf Länder hatten ein Defizit von mehr als drei Prozent bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung, wie aus Daten des EU-Statistikamtes Eurostat hervorgeht. Damit liegen sie über den EU-weit geltenden Obergrenzen, die sich die Mitgliedsländer selbst gegeben haben.
Außer Zypern, Dänemark, Irland und Portugal gaben alle 27 EU-Länder mehr Geld aus als sie einnahmen. Das höchste Defizit hat Italien mit 7,4 Prozent, gefolgt von Ungarn (6,7 Prozent) und Rumänien (6,6 Prozent).
Das Defizit der Bundesrepublik betrug wie schon im Vorjahr 2,5 Prozent und reißt den Grenzwert damit nicht. In den Pandemiejahren 2020 und 2021 war Deutschland mit 4,3 und 3,6 Prozent noch tiefer im Minus.
13 Länder überschreiten Obergrenze der Schuldenquote
Die EU-Schuldenregeln werden derzeit reformiert. Grundsätzlich gilt aber weiterhin, dass die Länder das Finanzierungsdefizit - also die vor allem durch Kredite zu deckende Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen Haushalts - unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) halten sollen.
Außerdem darf der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Im vergangenen Jahr wiesen laut Eurostat 13 EU-Länder eine Schuldenquote von mehr als 60 Prozent des BIP auf.
Deutschland ab 2027 wohl unter Schuldenobergrenze
Die höchsten Schuldenquoten hatten 2023 Griechenland (161,9 Prozent), Italien (137,3 Prozent), Frankreich, Spanien und Belgien. Die niedrigsten Quoten von Staatsschulden hatten Estland (19,6 Prozent), Bulgarien (23,1 Prozent), Luxemburg, Dänemark, Schweden und Litauen.
Die Schuldenquote Deutschlands lag bei 63,6 Prozent - also nahe an der Obergrenze von 60 Prozent. Laut Prognosen des IWF verschulden sich Staaten wieder mehr - doch gegen den Trend wird die Schuldenquote in Deutschland wohl schrittweise zurückgehen und ab 2027 wieder unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen.
Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine waren Schuldenstrafverfahren zuletzt ausgesetzt. Ab diesem Frühjahr sollen sie bei Übertreten der Obergrenzen wieder eingeleitet werden können. Dann muss ein Land Gegenmaßnahmen einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Damit soll die Stabilität der Eurozone gesichert werden.
Ab wann sind Staatsschulden ein Problem?
Ab welchem Wert die Schuldenstandsquote ein ernsthaftes Problem für ein Land darstellt, ist in der Ökonomik umstritten, sagte Martin Beznoska, Senior Economist für Finanz- und Steuerpolitik am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) im vergangenen Jahr dem ARD-faktenfinder. "Allgemein lässt sich sagen: Wenn die Schuldenstandsquote über mehrere Jahre hinweg abdriftet, wird es zu einem Problem."
Denn dann drohe sich die Verschuldung zu verselbstständigen. "Wenn die Zinsbelastung eines Staatshaushalts immer weiter ansteigt, dann ist das Land irgendwann nur durch die Zinsen bereits im Defizit." Im schlimmsten Falle könne es dann irgendwann zu einer Staatspleite kommen, wenn die Kapitalmärkte nicht mehr daran glaubten, dass der Staat seine Schulden bedienen könne.
Entscheidend ist auch, ob ein Land in der Landeswährung oder einer Fremdwährung verschuldet ist. Bei ersterem können zur Not Staatsanleihen gekauft werden, um den Kurs zu stabilisieren. Damit ist eine Staatspleite quasi ausgeschlossen. Letzteres passierte Griechenland 2010: Damals drohte der Staatsbankrott.