450 Millionen Euro Militärhilfe EU bricht mit einem Tabu
Erstmals will die EU den Kauf von Waffen für ein angegriffenes Land finanzieren - 450 Millionen Euro wurden dafür freigegeben. Weitere Sanktionen richten sich gegen russische Fluglinien und Medien - darunter auch den Sender RT.
Unter dem Eindruck des russischen Krieges gegen die Ukraine wendet die EU sich von ihrer bisherigen Linie ab, keine Waffen an Kriegsparteien zu liefern.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, erstmals in ihrer Geschichte werde die EU den Kauf und die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung "an ein angegriffenes Land" finanzieren.
Radikaler Kurswechsel
Mit einem Nothilfefonds sollten "tödliche Waffen" sowie Treibstofflieferungen für die ukrainische Armee, Schutzausrüstung und medizinische Ausrüstung finanziert werden, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Dies sei das Ende "des Tabus, wonach die EU keine Waffen an Kriegsparteien liefert". 450 Millionen Euro wurden dafür noch am Abend freigegeben.
Das Geld komme den Planungen zufolge aus der sogenannten Europäischen Friedensfazilität kommen. Sie ist ein neues Finanzierungsinstrument der EU, das auch genutzt werden kann, um die Fähigkeiten von Streitkräften in Partnerländern zu stärken.
Luftraum gesperrt für russische Flugzeuge
Die EU-Spitze kündigte zudem Strafmaßnahmen gegen Russland und Belarus an. Der gesamte EU-Luftraum werde für russische Flugzeuge gesperrt, sagte von der Leyen. Etliche EU-Länder, darunter Deutschland und Österreich, waren bei der Sperrung ihres Luftraums vorangegangen. Auch Kanada schloss sich dem inzwischen an.
Von der Leyen sagte, das Flugverbot solle auch Flugzeuge in russischem Besitz, in Russland registriert und von Russland kontrolliert umfassen. Ausnahmen werde es nur für wenige Zwecke, etwa in humanitären Angelegenheiten, geben.
Russland hatte am Samstag eine Sperrung seines Luftraums für Flugzeuge aus Litauen, Lettland, Estland und Slowenien angekündigt, nachdem diese Länder als Reaktion auf die Invasion ihren Luftraum für russische Flugzeuge geschlossen hatten. Auch Bulgarien, Tschechien, Polen, Rumänien und Luxemburg verhängten ein solches Flugverbot.
Aus für RT und Sputnik
Die EU wolle zudem "die Medienmaschine des Kremls" stoppen. Die im Staatsbesitz befindlichen Russia Today und Sputnik sowie deren Filialen werden in der EU verboten. Die Sender würde "nicht länger ihre Lügen zur Rechtfertigung von Putins Krieg verbreiten und Spaltung in unserer Union säen können", erklärte von der Leyen.
Beratungen über Flüchtlinge
Die EU-Innenminister berieten in Brüssel, wie die Union sich auf eine hohe Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine vorbereiten könne. Laut EU-Innenkommissarin Ylva Johansson muss sich die EU auf eine riesige Fluchtbewegung aus der Ukraine einstellen. Sie wisse nicht, wie viele Menschen kommen werden, sagte die Schwedin. "Aber ich denke, wir müssen uns auf Millionen vorbereiten."
Bislang seien wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine rund 300.000 Ukrainer in die EU gekommen. Nur wenige hätten jedoch Asyl beantragt oder Schutz in den Unterkünften der Mitgliedstaaten gesucht. Stattdessen seien sie bei Freunden oder Verwandten untergekommen.
Doch man müsse sich darauf einstellen, dass noch viel mehr Menschen kommen, sagte Johansson. Sie werde deshalb eine Solidaritätsplattform vorschlagen, um die Hilfe, die die EU-Staaten anbieten, zu koordinieren.
Um die Umverteilung von Flüchtlingen habe bislang noch kein EU-Land gebeten, auch keines direkt an der Grenze zur Ukraine wie Polen oder die Slowakei. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes kamen seit Beginn des Ukraine-Kriegs bereits in Polen mehr als 200.000 Flüchtlinge an.