Blick auf das Parlamentsgebäude in Budapest.

EU-Finanzminister in Ungarn Der Gastgeber ist das Problem

Stand: 13.09.2024 10:58 Uhr

Die EU-Finanzminister treffen sich in Budapest - doch die meisten boykottieren Ungarn und lassen sich vertreten. Dabei gibt es nach dem Investitions-Appell von Ex-EZB-Chef Draghi viel zu besprechen.

Eigentlich passen Thema und Termin sehr gut zusammen. Die Finanzminister der Europäischen Union wollen sich in Budapest damit beschäftigen, wie man mehr Klimaschutz in der EU finanzieren kann. So steht es zumindest in der Einladung der Ungarn. Das scheint aber nicht allzu viele Finanzminister zu interessieren. Von den 27 reisen nur vier nach Budapest, die meisten werden von ihren Staatssekretären vertreten, so auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner.

Das magere Interesse an dem informellen Treffen liegt nicht am Thema, sondern am Gastgeber: Ungarn hat ja gerade die EU-Ratspräsidentschaft inne. Und weil sich Regierungschef Viktor Orban mit der EU total verkracht ist, wird dem Treffen möglichst wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

800 Milliarden für die Zukunft der EU

Dabei ist das Thema Geld für die EU gerade ein großes. Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat diese Woche seinen Report vorgestellt, wie die EU wirtschaftlich wieder fit für die Zukunft werden kann.

Wie groß die Defizite vor allem im Bereich Digitalisierung in der Gemeinschaft sind, zeigt schon der Umfang des Reports: 400 Seiten und ein Jahr Arbeit brauchte Draghi. Mehr große Techfirmen, weniger Abhängigkeit von chinesischen Rohstoffen, mehr Verteidigung und am dem Ziel CO2-Neutralität festhalten, so die Kurzfassung. Diese Investitionen in die Zukunft kosten aber viel Geld. Draghi nennt die gewaltige Summe von 800 Milliarden Euro.

Die Investitionen seien gewaltig, so Draghi. Sie müssten "auf rund fünf Prozent des Bruttosozialproduktes steigen. Eine Größenordnung die wir zuletzt in den 60er- und 70er-Jahren gesehen haben."

Finanzierung noch unklar

Aber woher soll das ganz Geld kommen? Der Geldexperte nennt drei Einkommensquellen für die EU: Die Beiträge der Mitgliedsländer, EU-eigene Einnahmen, wie etwa die Plastikabgabe, oder gemeinsame Schulden. Ursula von der Leyen hat das bei der Präsentation des Draghi-Reports so ausgedrückt: "Wir müssen jetzt den politischen Willen haben, diese Projekte umzusetzen und dann zu entscheiden, ob wir sie sie mit nationalen Beiträgen oder neuen Quellen finanzieren."

Neue Quellen? Da schlug im deutschen Finanzministerium in Berlin gleich der Rauchmelder an. Zurecht vermutete Finanzminister Lindner hinter diesem Begriff neue gemeinsame Schulden, und die werden es mit Deutschland nicht geben, erklärte er umgehend. 

Rechnungshof warnt vor Geldverschwendung

Die aktuellen Rechnungshof-Berichte zum Thema "Wie sorgsam geht die EU mit Geld um?" bestärken ihn in seiner Skepsis. Der europäische Rechnungshof hat den Coronaufbaufonds unter die Lupe genommen. Dieser besteht interessanterweise ebenfalls aus 800 Milliarden Euro - also genauso viel wie Draghi verlangt.

Aber das Geld wurde bislang erst zu 29 Prozent abgerufen. Es fehlt an Verwaltungsexperten und Projekten. Und selbst dann, wenn ein Projekt angefangen wird, wird  es oft nicht zu Ende gebracht. Das Geld aber, das bis dahin gezahlt wurde, ist futsch.

Das muss sich ändern, so Ivana Maltetic, Vertreterin des Europäischen Rechnungshofes: "Wenn wir eine Maßnahme finanzieren, und sie wird nicht zu Ende gebracht, brauchen wir Möglichkeiten, um das Geld wieder in den Fonds zurückzuzahlen." Die jedoch gebe es bislang nicht.

Außerdem sollten ja mit dem Geld ausdrücklich Projekte gefördert werden, die die EU technologisch und ökologisch voranbringen, Auch das, so der kritische Bericht der Rechnungsprüfer, wurde bislang nicht erreicht. Viele der finanzierten Projekte seien gar nicht so grün, wie sie vorgeben.

All das wird denjenigen Finanzministern in die Hände spielen, die der EU nicht mehr Geld zur Verfügung stellen wollen, wie etwa die Niederlande oder Deutschland. Das zweite Thema für das Treffen der Finanzminister ist die Überalterung der Gesellschaft. Man darf gespannt sein, welche Ideen die Finanzminister dazu beitragen werden.

 

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 13. September 2024 um 09:20 Uhr.