Flaggen der Europäischen Union und Ländern des westlichen Balkans

Westbalkan-Gipfel in Brüssel Annäherung in Trippelschritten - oder im Eiltempo?

Stand: 18.12.2024 09:04 Uhr

Die EU und die sechs Westbalkanländer beraten heute auf einem Gipfel in Brüssel über eine weitere Annäherung. Doch wie schnell sollten es die Beitrittskandidaten in die EU schaffen? Darüber herrscht Uneinigkeit.

Das sei ein wichtiger Schritt, fand Olaf Scholz, als im Juli in Serbiens Hauptstadt Belgrad Milliarden-Verträge zum Abbau von Lithium unterzeichnet wurden. Lithium ist selten und begehrt, und wird zum Beispiel für Batterien benötigt. So eine Zusammenarbeit mache uns unabhängiger von Importen aus anderen Regionen, sagte Scholz.

"Mit dem Abbau von Lithium hier in Serbien erhöhen wir diese Resilienz", so Scholz. Und Maros Sevkovic, damals Vizepräsident der EU-Kommission, ergänzte: Dieses Abkommen werde die wirtschaftliche Integration Serbiens und der EU vertiefen.

Westbalkan soll näher an EU rücken

Der Deal war umstritten. Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenrechte, Kampf gegen Korruption: Nicht alles wird in Serbien so gehandhabt, wie es den Werten der Europäischen Union entspricht. Doch für die EU geht es auf dem westlichen Balkan neben den wirtschaftlichen Interessen auch darum, die ganze Region näher an sich heran zu holen, bevor sie stärker in den Einfluss des Kremls oder anderer Mächte, wie zum Beispiel Chinas, gerät. "Wenn wir nicht da sind, werden andere es sein", warnte die neue Beitrittskommissarin Marta Kos.

Es sei zuletzt vorangegangen, so die EU-Kommission. Von "neuen Impulsen" und einem "neuen Schwung" ist in ihrem jüngsten Bericht zum Stand der Beitrittsverhandlungen die Rede. Jan Koopman, als Generaldirektor in der Kommission für die Erweiterung zuständig, bestätigte: "Sowas haben wir seit sehr, sehr langer Zeit nicht mehr gesehen. Ehrlich gesagt nicht mehr seit dem Beitritt Kroatiens, das war 2013."

Beitrittskandidaten mit ehrgeizigen Zielen

Eine enorme Veränderung habe es vor allem im Ansatz der Beitrittsländer selbst gegeben, erläuterte Koopman kürzlich in einem Online-Seminar. Dort habe man nicht nur wegen der wirtschaftlichen Vorteile, sondern auch wegen der geopolitischen Veränderungen in der Welt damit begonnen, sich selbst ehrgeizige Ziele zu setzen. 

Montenegro will bis Ende 2026 den Beitrittsprozess abgeschlossen haben, Serbien ebenfalls, Albanien - das gerade erst damit begonnen hat - bis Ende 2027. Und wer ein Ziel hat, so Koopmann, der entwickle auch einen Plan.

McAllister: Keine Abkürzungen im Prozess

Andere sind skeptischer, was diese Geschwindigkeit angeht. David McAllister zum Beispiel, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament. Montenegro werde immer als erstes genannt, wenn es um den nächsten Beitritt gehe, aber aus Sicht des CDU-Politikers ist das kleine Land noch lange nicht so weit: "Mit Montenegro verhandeln wir jetzt über zehn Jahre, und man sagt im Allgemeinen, Montenegro hat jetzt etwas mehr als die Hälfte der Wegstrecke geschafft."

Auch McAllister warnt vor machtpolitischen Grauzonen in unmittelbarer Nachbarschaft der EU. Aber: "Es kann keinen Rabatt geben, es kann keine Abkürzungen geben, sondern wir müssen als Europäische Union großen Wert darauf legen, dass ein Land auch tatsächlich beitrittsreif ist."

Das jedoch, sagte McAllister, sehe er im Moment bei keinem der zehn interessierten Länder - und das betrifft auch die sechs auf dem westlichen Balkan.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Dezember 2024 um 09:47 Uhr.