Präsidentschaftswahl in Finnland Ein Wahlkampf, in dem sich alle einig sind
Finnland wählt heute zwischen neun Kandidatinnen und Kandidaten den Amtsnachfolger von Präsident Niinistö - eine Stichwahl dürfte folgen. Im Wahlkampf bewegte alle das gleiche Thema: die sicherheitspolitische Lage.
Das Interesse an der Präsidentschaftswahl in Finnland war wenige Tage vor der Wahl groß: Viele Menschen drängten sich in Tampere, einer Stadt zwei Stunden nördlich von Helsinki, um die Wahlstände. Manche wollen ein Selfie mit einem Spitzenkandidaten, so wie die 18-Jährige Hilda. Sie macht gerade ein Foto mit Li Andersson, der Kandidatin der Linken, und sagt begeistert: "Sie hat viele junge Menschen in Finnland beeinflusst, sie ist eine Art Superstar für mich." Doch laut Umfragen hat die 36-jährige Andersson keine Chance auf das Amt. Sie sei noch zu jung, mutmaßen einige.
Das Amt an der Spitze des Staates ist in Finnland ein sehr mächtiges. Repräsentieren gehört auch dazu, doch die Präsidentin oder der Präsident steuern auch Teile der Außen- und Sicherheitspolitik und sind Oberbefehlshaber des Militärs.
Der amtierende Präsident Sauli Niinistö hat das Land maßgeblich mit in die NATO geführt. Seit April vergangenen Jahres ist Finnland das 31. Mitglied des Verteidigungsbündnisses. Die angespannte Weltlage sei das wichtigste Thema für die Bürgerinnen und Bürger, erzählt der Spitzenkandidat der konservativen Sammlungspartei, Alexander Stubb: "Es geht um Finnland und die NATO, Russland und die Ukraine, Hamas und Israel, Trump und Biden - es geht viel um internationale Politik."
Konservativer Stubb gilt als Favorit
In vielen Punkten sind sich die neun Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten einig. Zum Beispiel befürworten sie alle, von ganz links bis nach rechts außen, den NATO-Beitritt. Vielleicht ist das auch kein Wunder, denn etwa 90 Prozent der Menschen in Finnland sind laut einer aktuellen Umfrage der NATO-Mitgliedschaft gegenüber positiv eingestellt. Das sei Musik in seinen Ohren, sagt der Konservative Stubb und fügt hinzu: "90 Prozent der Bevölkerung, unglaublich, das sind nordkoreanische Werte."
Alexander Stubb gilt als besonders aussichtsreicher Kandidat.
Stubb gilt als rhetorisch brillant, klug und pointiert - und er liegt in den Umfragen vorne. Knapp dahinter landet Pekka Haavisto, Mitglied der Grünen. Er ist ehemaliger Außenminister der Sanna-Marin-Regierung. Haavisto tourt mit einem alten Bus durch Finnland, sitzt mit Wollsocken an den Füßen im oberen Stockwerk und gibt Interviews. Ein Kontrastprogramm zu seinem makellosen Kontrahenten.
Der Grüne glaubt, dass bei dieser Wahl politische Haltungen weniger eine Rolle spielen: "Die Leute sind sich sicher, dass die Zeiten schlechter werden. Es fehlt der Optimismus. Sie wollen eine erfahrene Person mit starken Nerven und viel Verhandlungsgeschick", sagt er. "Und man muss die finnischen Streitkräfte führen können."
Stichwahl im Februar wahrscheinlich
Laut Umfragen erreichen weder Stubb noch Haavisto die absolute Mehrheit. Wenn das so eintritt, kommt es zur Stichwahl. Doch es ist nicht sicher, dass diese beiden dann gegeneinander antreten. Denn zuletzt hat der Kandidat der rechtspopulistischen Finnen-Partei bei Umfragen stark zugelegt, auch er könnte es in die Stichwahl schaffen.
Im Gegensatz zu den anderen beiden aussichtsreichsten Kandidaten positioniert sich Jussi Halla-aho nicht als ein Präsident, der das Land zusammenhalten will, sondern tritt mit den üblichen rechtspopulistischen Aussagen beispielsweise zu Migration oder Klimawandel auf.
Trotzdem kann er auch auf Wählerstimmen von denen hoffen, die politisch nicht unbedingt immer seiner Meinung sind, glaubt Tuomas Forsberg, Politikwissenschaftler an der Universität Helsinki: "Halla-aho selbst spricht Ukrainisch. Viele, die nicht seine innenpolitischen Haltungen unterstützen, schätzen jedoch seine Russland-Kenntnisse. Er war schon lange skeptisch gegenüber Russland."
Wer Finnlands nächster Präsident oder Präsidentin wird, entscheidet sich mit großer Wahrscheinlichkeit erst am 11. Februar, dem Datum der Stichwahl. Bis dahin wird Finnland noch ein anderes Thema beschäftigen: ein Aufruf zum groß angelegten Streik Anfang Februar - von Flughäfen und Unternehmen bis hin zu Kitas. Niinistös Nachfolger beginnt sein Amt nicht nur außenpolitisch in angespannten Zeiten.