Macron vor Stichwahl Der Präsident wirbt um die Linke
Amtsinhaber Macron muss für die Stichwahl in Frankreich auch Stimmen vom linken Rand gewinnen. Das dürfte nicht einfach werden. Denn dort ist er als "Präsident der Reichen" nicht immer gut gelitten.
Jetzt muss Emmanuel Macron ran - der amtierende Präsident und Kandidat für seine eigene Wiederwahl. Der Krisenmanager auf internationaler Bühne steckt zurück, der Wahlkämpfer Macron gewinnt die Oberhand. Nun heißt es Wahlkampf 2.0.
Macron muss überzeugen und versammeln
Macron will endlich hinaus ins Land, Wahlkampfauftritte absolvieren. Er muss überzeugen und versammeln - weit über die eigenen Anhänger hinaus: "Ich lade alle Mitbürger ein, sich uns anzuschließen, egal, was sie in der ersten Runde gewählt haben", sagt er.
"Einige, die für mich stimmen werden, tun dies, um ein Bollwerk gegen die extreme Rechte zu bilden", so Macron. "Ich bin mir absolut bewusst, dass nicht alle, die mich wählen, auch hinter meinem Projekt stehen. Das respektiere ich."
Das größte Wählerpotenzial, neben dem von Macron und seiner Konkurrentin Marine Le Pen vom extrem rechten Rassemblement National, lag im ersten Wahlgang beim Links-Außen-Kandidaten Jean-Luc Mélenchon. 22 Prozent standen am Ende hinter seinem Namen, er hat den Einzug in die Stichwahl knapp verpasst. Seine Wähler will Macron nun erobern: "In diesem entscheidenden Moment für die Zukunft unseres Landes kann nichts mehr wie vorher sein."
"Im Dienste unserer Nation"
Alte Rivalitäten müssten begraben werden - im Sinne der Nation. Eine Aussage, die auch klar an alle Mélenchon-Anhänger ging. Für sie ist Macron der "Präsident der Reichen", er verkörpert alles andere als ihre Vision einer Neuausrichtung des politischen Systems. Trotzdem verspricht Macron, auch ihnen die Hand zu reichen. "Ich bin bereit, etwas Neues zu erfinden, um die politischen Einstellungen und die unterschiedlichen Empfindsamkeiten zu einen. Das Ziel ist es, ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen, das im Dienste unserer Nation steht."
Einen Anfang machte er in seiner Rede am Abend des ersten Wahlgangs. Macron will ein unabhängiges, starkes und weltoffenes Frankreich. "Wollen wir ein Frankreich, das die Herausforderungen des Klimawandels angeht? Mit Atomkraft, mit erneuerbaren Energien? Ein Frankreich, das mit seiner Energie haushaltet und eine ökologische Planwirtschaft?“
Bewusst nennt Macron das Schlagwort "ökologische Planwirtschaft". Es prägte Mélenchons Wahlkampf. Genauso aber spricht der amtierende Präsident von seiner Rentenreform - der Anhebung des derzeitigen Renteneintrittsalters von 62 auf 65 Jahren. Ein No-Go für alle Mélenchonisten. Und auch bei anderen Überzeugungen Macrons, wie einem unabhängigeren Europa, einer gemeinsamen europäischen Verteidigung oder den Bündnisverpflichtungen Frankreichs gehen sie nicht mit.
Anders als bei den gemäßigt konservativen, den sozialistischen oder grünen Wählern wird es Macron nicht leicht haben, die Wähler vom linken Rand zu überzeugen. Zugeständnisse werden nötig sein.