Knapper Sprit in Frankreich Regierung greift bei Raffinerie-Streiks durch
Die französische Regierung will die seit zwei Wochen anhaltenden Streiks in Treibstofflagern per Verordnung beenden. Wegen der Arbeitskämpfe bei ExxonMobil und TotalEnergies sind Benzin und Diesel knapp geworden.
Frankreichs Regierung greift angesichts knappen Sprits bei den Streiks in Raffinerien hart durch. Premierministerin Élisabeth Borne habe angeordnet, dass das notwendige Personal der ExxonMobil-Raffinerie von Port-Jérôme in der Normandie zur Arbeit verpflichtet wird, sagte Regierungssprecher Olivier Véran.
Es wird erwartet, dass Borne einen ähnlichen Prozess auch für den Konkurrenten TotalEnergies anstrebt, falls es dort nicht bald zu Tarifverhandlungen kommt. "Falls die Blockade weitergeht, schließen wir nicht aus, die gleichen Regeln für andere Raffinerien in Nordfrankreich zu verhängen, um eine schnelle Freigabe der Treibstoffversorgung sicherzustellen", sagte Véran.
Engpässe an einem Drittel aller Tankstellen
Wegen der Streiks sind in Frankreich Benzin und Diesel knapp geworden. An etwa einem Drittel der französischen Tankstellen gibt es nach rund zwei Streikwochen inzwischen Engpässe. Dabei gebe es regionale Unterschiede, sagte die Premierministerin. Besonders stark betroffen seien Paris und Nordfrankreich.
Kraftfahrer mussten beim Tanken in den vergangenen Tagen lange Wartezeiten in Kauf nehmen oder fuhren auf der Suche nach Sprit durch die Städte. Manche Tankstellen schlossen. Die Auswirkungen des Arbeitskonflikts seien für zu viele Franzosen unerträglich geworden, sagte Véran. Menschen könnten nicht mehr zur Arbeit fahren, Einkäufe erledigen oder ihre Kinder zur Schule bringen.
Sechs von sieben Raffinerien betroffen
Borne forderte einen schnellen Dialog zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Die Mitarbeiter fordern angesichts der steigenden Gewinne der Ölkonzerne unter anderem eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent für das laufende Jahr.
Vor zwei Tagen hatten sich zwei Gewerkschaften mit ExxonMobil auf eine Lohnerhöhung geeinigt. Eine dritte, linksradikale Gewerkschaft will jedoch weiter streiken. Sechs der sieben Raffinerien des Landes sind von den Streiks betroffen.
"Sicherung lebenswichtiger Versorgung"
Die Dienstverpflichtung von Beschäftigten solle das Befüllen der Tanklastwagen in den Raffinerien ermöglichen, sagte der Regierungssprecher. Wenn die Belieferung der Tankstellen wieder in Gang komme, könne sich die Lage binnen weniger Tage normalisieren. Die Mehrheit der beteiligten Gewerkschaften lehne den Streik ab, auch deshalb greife der Staat ein.
Eine Bedarfsanforderung erlaubt es den Behörden, Streiks einer gewissen Zahl von Angestellten wichtiger Branchen zu beenden, um eine lebenswichtige Versorgung sicherzustellen. Zu einem solchen Schritt hatte die Regierung schon 2010 bei einem Streik in Raffinerien gegriffen.