Russland Franzose wegen angeblicher Agententätigkeit in U-Haft
In Russland wurde Untersuchungshaft für einen französischen Staatsbürger angeordnet. Dem Mitarbeiter einer NGO wird vorgeworfen, sich nicht als "ausländischer Agent" registriert zu haben.
Ein französischer Politikexperte muss nach seiner Festnahme in Moskau bis zum 5. August in Untersuchungshaft bleiben. Das entschied die zuständige Richterin der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Nach Angaben der russischen Justiz soll der Mitarbeiter einer Schweizer Nichtregierungsorganisation Informationen über Militär und Wehrtechnik in Russland gesammelt haben.
Er habe sich bei dieser Informationssammlung demnach über Jahre nicht als sogenannter ausländischer Agent registrieren lassen. Diesen Vorwurf habe der Mann vor Gericht eingeräumt, meldete Tass. Dem russischen Strafgesetz zufolge stehen darauf bis zu fünf Jahre Haft oder Zwangsarbeit.
"Ich entschuldige mich dafür, dass ich mich nicht als 'ausländischer Agent' registriert habe", sagte der 47-jährige Laurent Vinatier der staatlichen Nachrichtenagentur RIA zufolge vor Gericht. "Das Schlimmste ist, dass ich in den zehn Jahren meiner Arbeit versucht habe, Russland und seine Interessen zu verteidigen."
Macron spricht von Propaganda
Die französische Botschaft stellte einen Antrag auf Freilassung. Ein kurzes Video, das von der Moskauer Justizbehörde veröffentlicht wurde, zeigt, wie der Franzose in Handschellen in den Gerichtssaal geführt und zu Beginn der Anhörung in einen vergitterten Metallkäfig geführt wird.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte die Freilassung Vinatiers. Die russische Justiz wirft dem Mann, der für eine Schweizer Organisation arbeitete, Spionage vor. Macron bezeichnete die Vorwürfe als "Propaganda". Der Elysée-Palast verfolge die Angelegenheit genau, Vinatier werde "jeglichen konsularischen Schutz erhalten".
Gespanntes Verhältnis zwischen Moskau und Paris
Die Nichtregierungsorganisation Zentrum für humanitären Dialog (HDC) mit Sitz in der Schweiz erklärte, bei dem Inhaftierten handle es sich um einen ihrer Mitarbeiter. Das HDC versucht seiner Website zufolge seit 1999 "durch Dialog und Vermittlung bewaffnete Konflikte zu verhüten, zu entschärfen und beizulegen", etwa in Spanien, Libyen und auf den Philippinen. Ob die Organisation auch eine Vertretung in Russland hat, ist unklar.
Die Schweiz richtet kommende Woche nahe Luzern eine große internationale Friedenskonferenz für die Ukraine aus - ein Treffen, zu dem Russland nicht eingeladen ist und das es heftig bekämpft. Zugleich ist das Verhältnis zwischen Moskau und Paris angespannt, weil der französische Präsident Emmanuel Macron versucht, den europäischen Widerstand gegen Russlands Angriffskrieg zu organisieren.
Mit der Festnahme von Ausländern übt Russland Druck auf andere Staaten aus und nutzt diese Personen als Faustpfand für mögliche Austauschgeschäfte. Dem Gesetz über die sogenannten Auslandsagenten zufolge müssen sich Organisationen und Personen registrieren, die ganz oder teilweise aus dem Ausland finanziert werden. In der zunehmend repressiven Atmosphäre in Russland wird das Gesetz dazu genutzt, Kritiker zu brandmarken und ihre Kontakte im Land einzuschränken.