Nach Kündigung des Abkommens Kreml will Getreidetransporte nicht zulassen
Nach der Aufkündigung des Getreideabkommen durch Russland haben weitere Frachter ukrainische Häfen verlassen. Doch Moskau will diese Transporte nicht zulassen. Die UN weisen Schuldzuweisungen des Kreml zurück.
Russland will nach seiner angekündigten Aussetzung des Getreideabkommens mit der Ukraine weitere Exporte über das Schwarze Meer nicht zulassen. Die Vereinbarung könne "nicht ohne uns umgesetzt werden", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Gleichzeitig könne Moskau "eine ungehinderte Passage von Schiffen ohne unsere Inspektion nicht zulassen", sagte Nebensja.
Russland hatte am Samstag das unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossene Abkommen gestoppt. Zur Begründung nannte Moskau Drohnenangriffe Kiews auf seine Schwarzmeerflotte. Mit der Weigerung, weitere Getreidefrachter passieren zu lassen, scheint Russland auf die Position der Vereinten Nationen zu reagieren, nach deren Lesart der Export von Getreide weitergehen kann und das Abkommen in Kraft bleibt. Allerdings betonte Russlands Präsident Wladimir Putin am Abend, Russland habe das Abkommen nicht aufgekündigt, sondern setze es lediglich aus.
UN will am Abkommen festhalten
UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths sagte bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates, dass "Initiative und Verpflichtungen" auch während der Aussetzung der Teilnahme Russlands in Kraft bleiben. Es blieb zunächst unklar, ob die Vereinten Nationen den Export der Getreidelieferungen auch auf lange Sicht ohne Russlands Teilnahme fortführen wollen.
Auf Grundlage der bisherigen Vereinbarungen werden die Frachter zunächst durch ukrainische Schiffe in internationale Gewässer gelotst. Dann fahren sie weiter in einen Korridor, auf den sich die Parteien im Juli geeinigt hatte.
Bislang sind zwölf Frachter mit Agrarprodukten aus ihren Häfen an der ukrainischen Schwarzmeerküste ausgelaufen. Das teilte das Infrastrukturministerium in Kiew mit. Russland sei über die Wiederaufnahme der Schiffslieferungen informiert worden. Bislang störte Moskau den Schiffsverkehr im Getreidekorridor nicht.
UN weist Vorwurf der Beteiligung an Drohnenangriff zurück
Die von Moskau genannten Gründe für die Aussetzung des Getreideabkommens stellten die Vereinten Nationen in Frage: "Wenn sich Schiffe der Initiative nicht in dem Gebiet befinden, hat der Korridor keinen besonderen Status", sagte Griffiths. Er könne nicht als Schild oder Versteck verwendet werden und biete weder Deckung noch Schutz für offensive oder defensive Militäraktionen.
Russische Vorwürfe, wonach ein mit ukrainischem Getreide beladenes ziviles Frachtschiff in einen Drohnenangriff auf Russland verwickelt gewesen sein könnte, wies Griffith ebenfalls zurück. Zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich keine derartigen Schiffe in der "Sicherheitszone" des Getreidekorridors im Schwarzen Meer befunden.
Abkommen wird Thema des G7-Außenministertreffens
Die Aussetzung des Abkommens durch Russland soll auch beim Treffen der Außenminister der G7-Gruppe Thema werden. Sie würden beraten, wie die Anstrengungen der Vereinten Nationen und der Türkei zur Wiederherstellung der Vereinbarung am besten unterstützt werden könnten, sagte der deutsche Vizebotschafter Thomas Zahneisen vor dem UN-Sicherheitsrat. Er lobte dabei die UN, die Türkei und die Ukraine dafür, die Getreidetransporte über das Schwarze Meer zunächst fortzusetzen. Das Treffen der Außenministerinnen und Außenminister der G7-Länder wirtschaftsstarker Demokratien beginnt am Donnerstag in Münster.
Türkei kündigt Gespräche mit Russland an
Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar will in Kürze mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Schoigu telefonieren. Die Getreideexporte aus der Ukraine müssten fortgesetzt werden, sagte Akar laut Angaben seines Ministeriums. Er sei auch mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow in Kontakt. "Die Aussetzung dieser Initiative wird niemandem etwas nutzen", betreffe aber die ganze Menschheit, so Akar.
Die Ukraine und Russland zählen weltweit zu den größten Getreideexporteuren. Viele Entwicklungsländer sind von Lieferungen des Grundnahrungsmittels zu niedrigen Preisen abhängig. Das Abkommen sollte den weltweiten Anstieg der Getreidepreise dämpfen. Seitdem wurden mehrere Millionen Tonnen Mais, Weizen, Sonnenblumenprodukte, Gerste, Raps und Soja aus der Ukraine exportiert.