Pattsituation in Griechenland Nach der Wahl ist vor der Wahl
Griechenland hat ein neues Parlament gewählt. Wahlsieger ist der amtierende Ministerpräsident Mitsotakis mit seiner liberal-konservativen Nea Dimokratia. Und trotzdem sind Neuwahlen wahrscheinlich.
Mit diesem Ergebnis hat selbst Griechenlands Premier Kyriakos Mitsotakis nicht gerechnet. Mit seiner konservativen Nea Dimokratia war er in den vergangenen Monaten ins Trudeln geraten: Erst ein Abhörskandal, der ihm angelastet worden ist, dann ein schweres Zugunglück Ende Februar mit 57 Toten.
Die Umfragewerte gingen runter. Und ganz frisch: ein deutlicher Beweis eines Pushbacks von Flüchtlingen von der Insel Lesbos in die Türkei - eine Praxis, die gegen internationales Recht verstößt und die der Premier immer abgestritten hat.
Trotzdem fährt er jetzt ein Ergebnis ein, das alle Erwartungen und auch das Ergebnis bei den letzten Wahlen übertrifft: 41 Prozent. "Lasst uns heute ein bisschen ausruhen und diesen großen Sieg feiern, der, denke ich, ein Sieg des Fortschritts ist gegenüber einem des Rückschritts, ein Sieg eines hellen gegen ein dunkles Griechenland. Aber ab morgen wartet viel Arbeit auf uns", sagte Mitsotakis vor seinen Anhängern.
Massive Verluste der Syriza
Sehr lange Gesichter gab es dagegen beim stärksten Konkurrenten, der linken Syriza. Alexis Tsipras hatte bis zuletzt auf unentschlossene und auf junge Wähler gesetzt. Zum ersten Mal durften 17-Jährige wählen. Aber am Ende stehen da 20 Prozent, fast minus zwölf Prozentpunkte im Vergleich zur vergangenen Wahl vor vier Jahren und viel weniger als in den Umfragen. Die Linke spaltet sich auf: Einige Stimmen gehen an zwei ehemalige Syriza-Politiker, die mit ihren eigenen Parteien angetreten sind.
Syriza-Chef Tsipras will trotz massiver Verluste nach vorne schauen.
Tsipras wird sich fragen lassen müssen, ob er noch der Richtige ist für Syriza. Mit seinen vielen sozialen Versprechungen - höherer Mindestlohn, mehr Rente, Mehrwertsteuer auf Lebensmittel runter - hat er nicht punkten können. Eine angestrebte "progressive Koalition": vom Tisch.
Jetzt blickt er bereits auf eine mögliche Neuwahl: "Wir müssen sofort alles Nötige in die Wege leiten, notwendige Änderungen vornehmen, um den nächsten entscheidenden und letzten Wahlkampf bestmöglich zu gestalten."
Sozialdemokraten sehen sich im Aufwind
Der dritte Platz geht an die sozialdemokratische PASOK. Sie war während der Finanzkrise vernichtend kollabiert und erholt sich, langsam, auf jetzt elf bis zwölf Prozent.
PASOK-Chef Androulakis könnte mit der Nea Demokratia koalieren - das Verhältnis der Parteien gilt jedoch als angespannt.
Parteichef Nikos Androulakis feiert das als Erfolg und sieht die Sozialdemokraten zurück auf der Gewinnerstraße. "Wir sind die demokratische Partei mit Werten, Respekt für die Menschenwürde und die Rechtsstaatlichkeit", sagte er. "Heute war ein großer Schritt in Richtung Zukunft. Heute werden wir wieder zu einem Hauptakteur in der politischen Landschaft unseres Landes."
Viel ist im Vorfeld diskutiert worden über eine mögliche Rolle der PASOK als "Königsmacher". Mit der Nea Dimokratia würde es in einer Koalition zur absoluten Mehrheit reichen. Aber das Verhältnis ist angeschlagen, nachdem Androulakis telefonisch überwacht worden war, und die Fäden dieses Abhörskandals Richtung Mitsotakis' Büro führen.
Wenig Zeit für Verhandlungen
Maximal drei Tage hat Mitsotakis jetzt, um eine Koalition auszuloten. Doch er macht schon heute klar, dass er daran nicht sonderlich interessiert ist: "Gemeinsam werden wir das nächste Rennen gestalten, das morgen beginnen wird. Damit bei den nächsten Wahlen bestätigt wird, was die Bürger ohnehin schon an der Wahlurne entschieden haben."
Für die Neuwahlen gibt es sogar schon ein mögliches Datum: den 2. Juli. Dann gilt ein anderes Wahlrecht, bei dem der Gewinner bis zu 50 Extrasitze im Parlament bekommt. Um die 36 bis 37 Prozent reichen dann aus, um allein regieren - oder in Mitsotakis' Fall weiterregieren - zu können.