Schätzung nach Parlamentswahl Drei Parteien in Irland fast auf Augenhöhe
In Irland deutet sich ein enges Rennen nach der Parlamentswahl an: Eine Schätzung sieht gleich drei Parteien bei um die 20 Prozent. Die demnach führende Oppositionspartei Sinn Féin befindet sich jedoch in einer schwierigen Ausgangslage.
Bei der Parlamentswahl in Irland liegen die drei größten Parteien einer ersten Schätzung zufolge fast gleichauf. Eine "Exit Poll" mehrerer Medien und Institute auf Grundlage von Nachwahlbefragungen sieht die links-nationale Oppositionspartei Sinn Féin mit 21,1 Prozent hauchdünn vorn.
Dahinter folgen die bisherigen Koalitionspartner Fine Gael von Regierungschef Simon Harris mit 21 Prozent und Fianna Fáil von Vizepremier Micheál Martin mit 19,5 Prozent. Die beiden Mitte-Rechts-Parteien regieren seit 2020 in einer historischen Koalition gemeinsam mit den Grünen, die in der Schätzung auf vier Prozent kamen.
Das Ergebnis ist allerdings mit Vorsicht zu bewerten. Es wurden nämlich nur die ersten Präferenzen der Wählerinnen und Wähler abgefragt. Nicht berücksichtigt wurde, dass im komplizierten irischen Verhältniswahlrecht Stimmen übertragen werden können. Die Auszählung beginnt am Samstagvormittag. Das tatsächliche Resultat in dem EU-Mitgliedstaat wird nicht vor Sonntagabend erwartet. Es kann auch deutlich später werden.
Keine Koalition mit Oppositionspartei?
Sinn Féin liegt zwar knapp vorn, dürfte aber kaum mitregieren. Fianna Fáil und Fine Gael hatten eine Zusammenarbeit mit der Partei, die vehement für eine irische Wiedervereinigung eintritt und früher als politischer Arm der Untergrundorganisation IRA galt, vor der Wahl ausgeschlossen.
Wichtige Themen bei der Wahl waren soziale Probleme wie Wohnungsnot. Viele junge Leute können sich trotz Jobs keine Unterkunft leisten und wohnen weiter bei ihren Eltern. Zuletzt nahmen Vorwürfe von Rechtspopulisten zu, der Zuzug von Migrantinnen und Migranten verknappe den Wohnraum weiter.
Besonderes Wahlverfahren in Irland
In Irland wird - wie sonst in der EU nur auf Malta - ein Verfahren angewendet, bei dem Einzelstimmen übertragen werden. Die Wählerinnen und Wähler können ihre Stimme in der Reihenfolge ihrer Präferenz für mehrere Bewerber abgeben. Sollte ein Kandidat oder eine Kandidatin, den oder die ein Wähler als Nummer 1 aussucht, mehr Stimmen bekommen als nötig, fallen diese Stimmen automatisch dem nächsten bevorzugten Kandidaten zu.
Nach einer Gesetzesänderung wegen der gestiegenen Bevölkerungszahlen war die Zahl der Abgeordneten im irischen Unterhaus, dem Dáil Éireann, von 160 auf 174 erhöht worden. Statt bisher 39 gab es nun 43 Wahlkreise. Es traten viele Parteilose an, das könnte eine Regierungsbildung erschweren. Knapp 3,7 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen.
Insgesamt wurden 686 Personen für die Wahl nominiert, davon waren 246 Frauen - so viele wie nie zuvor. Die Initiative Women for Election nannte die Anzahl "phänomenal". "Es hat noch nie eine bessere Gelegenheit gegeben, das Ungleichgewicht in unserem politischen System anzugehen", sagte Sprecherin Kate Deegan.