Gedenken an Olympia-Attentat 1972 "Es ist eine Art Abschluss"
Beinahe hätten die wichtigsten Gäste gefehlt, wenn in München zum 50. Jahrestag des Münchner Olympia-Attentats der Opfer gedacht wird. Trotz der Einigung auf Entschädigung ist es keine leichte Reise für die Hinterbliebenen.
Kurz vor der Abreise am Flughafen Tel Aviv umarmen sie sich herzlich, lachen, haben ein paar Tränen in den Augen. Es ist fast wie ein Familientreffen. Man merkt, diese Familien kennen sich schon lange, haben gemeinsam gelitten, gemeinsam gekämpft. Sie verbindet das Schicksal als Hinterbliebene des Olympia-Attentats.
Am Tag vor der offiziellen Gedenkzeremonie fliegen mehr als 100 Angehörige und ehemalige Sportler in einer vom israelischen Olympischen Komitee gecharterten Maschine nach München. Fast wäre es dazu nicht gekommen.
Den Vater nie kennengelernt
"Ich bin etwas aufgeregt", sagt Shlomit Romano Barzilay. Ihr Vater, Josef Romano, war Gewichtheber. Sie hat ihn nie kennengelernt. Als er Opfer der palästinensischen Attentäter in München wurde, war sie noch ein Baby. "Dass wir Familien jetzt alle zusammen reisen, ist ein starkes Zeichen."
Jahrzehntelang hatten sie für Anerkennung ihres Leids gekämpft. Shlomit Romano Barzilay hat das als demütigend empfunden. "Weil man das Gefühl hatte, dass keiner einem zuhören will."
Shoshana Shapira reist mit gemischten Gefühlen nach München. Ihr Mann Amitzur war Trainer der olympischen Leichtathleten. Die deutschen Sicherheitskräfte hätten versagt und im Nachhinein sei ihr Versagen vertuscht worden, sagt sie.
Lange blieb den Angehörigen Einsicht in die Akten über den misslungenen Befreiungsversuch der Polizei in Fürstenfeldbruck verwehrt. "Aber ich bin sehr dankbar dafür, dass die Deutschen jetzt ihre Verantwortung anerkennen und die Archive öffnen", sagt Shoshana Shapira.
Einigung in beinah letzter Minute
Eigentlich hatten die Familien der Angehörigen bereits ihre Teilnahme an der Gedenkveranstaltung abgesagt. Die wichtigsten Gäste hätten dann gefehlt. Der Eklat konnte verhindert werden, weil sich die Bundesregierung vor wenigen Tagen doch noch mit den Hinterbliebenen auf eine finanzielle Entschädigung einigte. Laut Regierungskreisen sollen die Familien insgesamt 28 Millionen Euro erhalten.
Shoshana Shapira betont allerdings, dass es den Überlebenden in all den Jahren in erster Linie um Anerkennung ging. Erst im vergangenen Jahr gab es eine Schweigeminute für die elf von palästinensischen Terroristen ermordeten Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft.
Für Shlomit Romano Barzilay schließt sich mit der Verantwortungsübernahme der Bundesregierung nun ein Kreis. "Es ist eine Art Abschluss für uns nach fünfzig Jahren. Endlich wird alles aufgearbeitet." Die Erleichterung, das erreicht zu haben, merkt man den Hinterbliebenen deutlich an.