Menschenrechtsgerichtshof Erste Klimaklage in Straßburg erfolgreich
Es ist ein Urteil mit Signalwirkung: Eine Gruppe Schweizer Seniorinnen erringt vor dem Gerichtshof für Menschenrechte einen Sieg. Das Land habe nicht genug für den Klimaschutz getan. Zwei weitere Klagen blieben erfolglos.
Zum ersten Mal haben Klimaschützerinnen mit einer Klage für schärfere Maßnahmen gegen den Klimawandel vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Erfolg gehabt. Die Schweiz habe die Menschenrechte der Klägerinnen verletzt, so die Richter. Die Behörden hätten nicht rechtzeitig gehandelt und seien den Klimawandel und seine Folgen nicht angemessen angegangen. Insbesondere hätten sie eine klare Angabe machen müssen, welche Menge an CO2 noch ausgestoßen werden darf.
Geklagt hatte eine Gruppe Schweizer Seniorinnen, denen die Richter nun Recht gaben. Die Seniorinnen erklärten, dass die Rechte älterer Frauen besonders verletzt würden, weil sie am meisten von der extremen Hitze betroffen seien, die aufgrund der globalen Erwärmung immer häufiger auftrete.
Gegen das Urteil ist keine Berufung möglich. Es könnte dazu führen, dass die Schweiz ihre Anstrengungen beim Klimaschutz verstärken muss.
Möglicher Präzedenzfall
Das Urteil an sich bindet erst einmal nur die Schweiz, hat aber große Signalwirkung. Denn: Der EGMR mit Sitz im französischen Straßburg gehört zum Europarat und ist für die Einhaltung der Menschenrechtskonvention zuständig. Zum Europarat zählen die EU-Staaten, aber auch andere große Länder wie die Türkei oder Großbritannien. Das Urteil könnte nun also ein Präzedenzfall für weitere Klimaklagen nicht nur vor dem EGMR, sondern vor unzähligen nationalen Gerichten werden.
Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Denn der EGMR hat sich zwar zuvor schon mit Umweltemissionen - wie Lärm oder Luftverschmutzung - auseinandergesetzt, aber noch nie mit den CO2-Emissionen eines Landes.
Aktivisten aus Portugal und Frankreich bleiben erfolglos
Gleichzeitig mussten andere Klimaschützer in Straßburg Niederlagen einstecken. So wies das Gericht die Klage von sechs portugiesischen Jugendlichen gegen Deutschland und mehr als 30 weitere europäische Länder aus formalen Gründen ab. Nach Ansicht der Richter gehe die Klage zu weit.
Staaten könnten nicht beliebig für das haftbar gemacht werden, was außerhalb ihrer Grenzen passiere. Gegen das eigene Land hätten die Jugendlichen klagen können. Allerdings hätten sie das Verfahren nicht eingehalten, weil sie - statt sich zunächst an ein portugiesisches Gericht zu wenden - direkt nach Straßburg gezogen waren.
Auch ein ehemaliger französische Bürgermeister blieb mit seiner Klage erfolglos. Dem Politiker fehle die sogenannte Opfereigenschaft, also dass er besonders betroffen sei, so die Begründung.
Mit Informationen von Gigi Deppe, SWR