Nach Ausschreitungen Frankreich zu Autonomie für Korsika bereit
Nach den gewaltsamen Protesten auf Korsika hat Frankreichs Innenminister Darmanin der Insel Zugeständnisse in Aussicht gestellt, darunter gar die Autonomie. Zunächst müsse aber die Gewalt enden.
Der französische Innenminister Gérald Darmanin hat sich vor seinem Besuch auf der von gewaltsamen Protesten erschütterten Mittelmeerinsel Korsika zu Zugeständnissen bereit erklärt. "Wir sind bereit, bis zur Autonomie zu gehen", sagte Darmanin der Lokalzeitung "Corse-Martin". Voraussetzung für Verhandlungen sei jedoch, dass auf der Insel wieder Ruhe einkehre. Es könne unter dem Druck von Sprengkörpern und "Allgegenwart der Ordnungskräfte" keinen "aufrichtigen Dialog" geben.
Umfang der Zugeständnisse noch unklar
Kritisch sei allerdings die Frage, was eine Autonomie der Insel beinhalte, sagte Darmanin. "Darüber müssen wir diskutieren." Diese institutionelle Frage werde "logischerweise während der zweiten Amtszeit" von Präsident Emmanuel Macron in Angriff genommen - falls dieser bei den Präsidentschaftswahlen im April wiedergewählt werden sollte.
Darmanin will sich auf Korsika ein Blick der Lage machen nach den seit zwei Wochen andauernden Protesten auf der Insel. "Die Gespräche zwischen Regierungsvertretern und Korsen sollen die "Bedingungen herstellen, um die Entwicklung Korsikas (zu mehr Autonomie) zu ermöglichen", erklärte das Innenministerium in Paris. Darmanin verurteilte die Gewalttaten der vergangenen Tage und mahnte zur Ruhe, um den Dialog zu ermöglichen.
Angriff auf korsischen Separatisten
Auslöser der Unruhen war ein Angriff eines Mithäftlings auf den bekannten korsischen Separatisten Yvan Colonna Anfang März im Gefängnis von Arles. Colonna saß dort wegen Mordes an dem Präfekten Claude Erignac im Jahr 1998 eine lebenslange Haftstrafe ab. Er befindet sich nach Angaben seiner Anwälte nach dem Angriff weiterhin in schlechtem Zustand. Er liegt im Koma in einem Krankenhaus in Marseille. Die Hintergründe des Angriffs sind weiterhin nicht geklärt.
Colonna wird auf Korsika von vielen als Held des Kampfes für die Unabhängigkeit der Insel von Frankreich verehrt. Korsika war jahrzehntelang von Attentaten erschüttert worden. In den vergangenen Jahren hatte sich die Lage beruhigt, aber viele Menschen auf Korsika fordern die Freilassung oder zumindest die Verlegung der inhaftierten Separatisten auf die Insel. Außerdem verlangen sie eine größere Autonomie von Paris.
Der französische Premierminister Jean Castex hatte zuvor den Weg frei gemacht, um zwei weitere korsische Häftlinge auf die Insel zu verlegen. Dies war seit Jahren ein erbitterter Streitpunkt zwischen der Regierung und den Familien der inhaftierten Separatisten, für die die Besuche im Gefängnis kompliziert und teuer sind. "Das gesamte korsische Volk lehnt sich gegen Ungerechtigkeit auf und fordert die Wahrheit und eine politische Lösung", sagte der Chef der korsischen Regionalregierung, Gilles Simeoni.
Eine "gewisse Verantwortung" für den Angriff
Darmanin räumte nun eine "gewisse Verantwortung" des Staates für den Angriff ein. Dieser müsse "Beschützer der Personen sein, die unter seiner Verantwortung stehen". Die Regierung sei verpflichtet, "die Wahrheit über das, was passiert ist", herauszufinden.
Nach dem Angriff war es auf Korsika wiederholt zu schweren Ausschreitungen gekommen. So war zuletzt eine zunächst friedliche Demonstration von mehreren Tausend Menschen in Bastia außer Kontrolle geraten. Dabei wurden 67 Menschen verletzt, unter ihnen 44 Sicherheitskräfte. Bei den Ausschreitungen setzten einige der maskierten Protestierenden Molotowcocktails und selbstgebaute Sprengkörper ein. Die Polizei ging mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Menge vor.