Kennzeichen-Streit im Kosovo EU warnt vor neuer Eskalation
Aus Protest gegen die Pflicht, Autos mit kosovarischen Kennzeichen zu versehen, will die serbische Minderheit im Kosovo von öffentlichen Ämtern zurücktreten. Die EU fürchtet, dass der Streit Vermittlungserfolge zunichte machen könnte.
Die EU zeigt sich über die erneut zunehmenden Spannungen zwischen dem Kosovo und Serbien alarmiert. Hintergrund ist ein Streit über die von der kosovarischen Regierung angeordnete Pflicht, Fahrzeuge mit einem landeseigenen Kennzeichen zu versehen.
Seit Monatsbeginn ist die Pflicht zum Anbringen kosovarischer Nummernschilder verpflichtend. Ein Großteil der vor allem im Norden des Landes lebenden serbischen Minderheit weigert sich bislang aber, die Anordnung zu befolgen, da sie die Regierung des Kosovo nicht anerkennen.
Aus Protest gegen die Kennzeichen-Pflicht hatte Goran Rakic, Vorsitzender der Partei Srpska Lista ("Serbische Liste"), der wichtigsten Partei der serbischen Minderheit, am Samstag angekündigt, sämtliche Kosovo-Serben würden von Posten in der Regierung, im Parlament oder in Behörden zurücktreten, bis die Führung in Pristina einlenke. Im kosovarischen Parlament hat die "Serbische Liste" derzeit zehn von 120 Sitzen inne. Das entspricht dem Minimum an Mandaten, mit welchem die serbische Minderheit im Landesparlament vertreten sein muss.
Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete, sollen mittlerweile alle Angehörigen der serbischen Minderheit in betroffenen Positionen dieser Ankündigung Folge geleistet haben.
"Keine Lösung" für aktuellen Streit
Ein Rückzug von öffentlichen oder politischen Ämtern sei "keine Lösung für die derzeitigen Streitigkeiten", warnte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. "Die jüngsten Entwicklungen gefährden die jahrelange Arbeit am Dialog zwischen Belgrad und Pristina. Ich habe beide Seiten dazu aufgerufen, einseitige Aktionen zu unterlassen, die zu weiteren Spannungen führen können", schrieb er auf Twitter.
In einem schriftlichen Statement appellierte Borrell sowohl an den Kosovo als auch an Serbien, die jüngsten Spannungen durch Dialog auszuräumen. Um eine Eskalation zu vermeiden, solle die kosovarische Regierung die Frist für das Ummelden von Fahrzeugen verlängern und Strafen vorerst aussetzen, sollten Autobesitzer noch kein Autokennzeichen aus dem Kosovo angebracht haben.
Ähnlich äußerten sich auch der stellvertretende NATO-Generalsekretär Mircea Geoana, Vertreter der Schutztruppe KFOR und der EU-Sonderbeauftragte für den Dialog zwischen Belgrad und Pristina, Miroslav Lajcak. Die KFOR soll im Rahmen der Friedensmission unter Leitung der NATO seit dem Ende des Kosovo-Krieges in den 1990er-Jahren zur Stabilität in der Region beitragen.
Frist für Kennzeichenwechsel wohl verlängert
Berichten der Nachrichtenagentur dpa zufolge ist die Regierung in Pristina dieser Forderung nach einer Fristverlängerung bereits nachgekommen. Autobesitzer haben demnach nun bis zum 21. April des kommenden Jahres Zeit, um das Kennzeichen zu wechseln. Bei Verstößen solle es schrittweise Verwarnungen bis hin zu Geldbußen geben.
Allerdings zog der Kosovo laut dpa personelle Konsequenzen, indem der für das kosovarische nördliche Serben-Gebiet zuständige regionale Polizeichef entlassen wurde. Dieser hatte sich geweigert, Menschen dazu aufzurufen, ihre Kfz-Kennzeichen auszutauschen.
Serbien erkennt Souveränität des Kosovo nicht an
Die EU vermittelt bereits seit Längerem zwischen Serbien und dem Kosovo, um eine Annäherung im Konflikt beider Länder zu erreichen. Im August hatten sich die serbische und kosovarische Regierung nach langem Streit auf gegenseitige Einreiseregelungen geeinigt und unter EU-Vermittlung ein Freizügigkeitsabkommen ausgehandelt.
Der Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird aber von der serbischen Regierung nach wie vor nicht als eigenständiger Staat anerkannt, sondern als abtrünniges Gebiet betrachtet. Deutschland erkennt die Souveränität des Kosovo an.
Beide Länder streben eine Mitgliedschaft in der EU an. Serbien hat bereits den Kandidatenstatus erhalten und verhandelt seit 2014 mit der EU über einen möglichen Beitritt. Der Kosovo wird als "potenzieller Kandidat" eingestuft.