Krimtataren zu Explosion "Erste Anzeichen für die Befreiung der Krim"
Wer für die jüngsten Explosionen auf der Krim verantwortlich ist, ist weiter unklar. Krimtataren, die unter der russischen Annexion leiden, sehen darin die ersten Hinweise auf eine bevorstehende Befreiung der Halbinsel.
Hinter einer unscheinbaren Tür im Zentrum Kiews versucht Eskender Bariiev die Kultur seines Volkes aufrecht zu erhalten. Er leitet das 2015 gegründete krimtatarische "Ressourcen Zentrum" - eine Nichtregierungsorganisation (NGO), die für die Rechte der Krimtataren kämpft und nicht müde wird, an die vielen politischen Gefangenen ihres Volkes zu erinnern.
Bariiev zieht eine Broschüre aus einem Ständer: "Wir haben einen Aufsatzwettbewerb unter Kindern politischer Gefangener veranstaltet unter dem Titel 'Mein Vater ist ein Held'. Die Kinder schreiben auf Russisch oder Krimtatarisch. Wir haben diese Aufsätze gedruckt und ins Englische übersetzt." Die Broschüre besteht aus 15 Aufsätzen.
Insgesamt zählt Bariievs NGO 251 politische Gefangene, seitdem Russland 2014 die Krim besetzt hat. Auch Bariiev bekam schnell Probleme mit den Besatzungsbehörden. Er steht Russland allgemein kritisch gegenüber. Seine Mutter wurde unter Stalin deportiert - wie mindestens 200.000 weitere Krimtataren. Bariievs Frau ist in der Deportation geboren und kehrte erst in den 90er-Jahren auf die Krim zurück.
"Eine Botschaft, die Sachen zu packen""
Die Explosionen, die sich am Dienstag auf einer russischen Luftwaffenbasis auf der Krim ereigneten, wecken bei den beiden Hoffnungen. "Das sind die ersten Anzeichen, dass die Krim befreit werden wird. Und darüber sollten vor allem diejenigen nachdenken, die sich illegal auf der Krim aufhalten, die ukrainische und internationale Gesetze verletzten. Das ist die erste Botschaft an sie, rechtzeitig ihre Sachen zu packen und nach Hause zu gehen. Niemand hat sie eingeladen."
Was genau die Explosionen auf der Krim ausgelöst hat, ist bisher nicht bekannt. Auch nicht, wer dafür verantwortlich ist. Die ukrainische Regierung streitet einen Angriff weder ab, noch gibt sie ihn zu. Und trotzdem meinen viele Ukrainer: Die Explosionen wurden durch einen Angriff der ukrainischen Streitkräfte verursacht. Auch Militärexperten wie Oleg Schdanow vermuten dies: "Es ist klar, dass wir dort hin geschossen haben. Nicht klar ist, womit. Es gibt mehrere Möglichkeiten."
Besitzt die Ukraine noch andere Waffen?
Es soll sich um eine ukrainisch produzierte Waffe gehandelt haben, zitiert die "New York Times" anonym einen ukrainischen Militär. Oder besitzt die Ukraine vielleicht doch reichweitenstärkere westliche Waffen, von der die Öffentlichkeit bisher noch nichts weiß? Schdanow spekuliert: "Erinnern Sie sich an die Aussage des ukrainischen Verteidigungsministers Oleksii Reznikov, dass man nicht die ganze Liste an Waffen bekanntmachen werde, die kommen sollen? Man werde das mit einer unangenehmen Überraschung auf dem Schlachtfeld zeigen. Durchaus möglich, dass das nun die Überraschung für die russischen Truppen war."
Doch all diese Fragen sind für Eskender Bariiev zweitrangig. Er möchte in seine Heimat zurück - wie, das ist egal. Die Befreiung der Krim von russischen Truppen sei möglich, aber nur ein erster kleiner Schritt. Der Ukraine stehe ein langer Prozess bevor, die Krim wirklich zu reintegrieren: "Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, wird die Wiedereingliederung der Krim in die Ukraine beginnen. Und da wird es sehr ernste Fragen geben, ernste Fragen."
Acht Jahre lang seien die Menschen auf der Krim der russischen Propaganda ausgesetzt. Bariiev schätzt, dass eine wirkliche Re-Integration der ukrainischen Halbinsel bis zu zehn Jahre andauern könnte.