Zoran Milanovic auf einer Wahlkampfveranstaltung in Zagreb (Kroatien)

Präsidentschaftswahl in Kroatien Zweite Amtszeit für den Streitbaren?

Stand: 29.12.2024 05:15 Uhr

Kroatiens Präsident Milanovic ist nicht zimperlich, was seine Wortwahl anbelangt. Gegner beschimpft er schon mal als "lästige Stallfliegen". Nun will er wiedergewählt werden. Wie sind die Aussichten?

Kommt es, wie die Umfragen vorhersagen, dann wird der alte Präsident vermutlich der neue sein. Entsprechend lautet auch der Slogan von Zoran Milanovic: "Präsident zum Präsidenten".

Milanovics Botschaft an die kroatischen Wählerinnen und Wähler heißt: Es gibt keinen Besseren als ihn für den Job an der Spitze des Landes. So lag Milanovic zuletzt mit Umfragewerten von um die 40 Prozent klar in Führung und konnte seine Position sogar noch festigen.

Sein womöglich chancenreichster Konkurrent, Dragan Primorac, kam nur auf knapp 23 Prozent. Der Arzt und Universitätsprofessor tritt als unabhängiger Bewerber an, ist aber der Kandidat der Regierungspartei HDZ von Premier Andrej Plenkovic. Gut möglich, dass am Ende diese beiden in die Stichwahl am 12. Januar gehen.

Den weiteren Kandidatinnen und Kandidaten wie Miro Bulj, Branka Lozo, Tomislav Jonjić und Niko Tokić Kartelo werden nur Außenseiterchancen eingeräumt. Lediglich die parteilose Marija Selak Raspudić und die Linken-Parteichefin Ivana Kekin, die auch für die Grünen antritt, kamen in den Umfragen an die Zehn-Prozent-Marke.

Ein Wahlplakat in Zagreb (Kroatien) zeigt Zoran Milanovic mit dem Slogan "Präsident zum Präsidenten"

Den Präsidenten wieder zum Präsidenten machen - mit diesem einfachen Slogan wirbt Zoran Milanovic für sich.

Präsident als Provokateur

Sollte am Ende wieder Milanovic triumphieren, würde das vermutlich nur wenige überraschen. Milanovic ist ein alter Bekannter. Er war Premierminister und viele Jahre lang Chef der Sozialdemokraten. Nach wie vor hat er großen Einfluss. Provokation ist sein bevorzugtes Stilmittel.

Seine Äußerungen und Ansichten sind rechtspopulistisch, nationalistisch, manchmal sogar rassistisch und gelegentlich frauenfeindlich. Milanovic zeichnete kroatische Militärs mit Orden aus, die in Verbindung mit Kriegsverbrechen während des Bosnienkrieges gebracht wurden und er machte sich über die MeToo-Bewegung lustig.

Geschadet hat es ihm nicht. Milanovic ist seit Jahren der beliebteste Politiker im Tourismusland Kroatien.

Bei den Parlamentswahlen im Frühjahr diesen Jahres wollte Milanovic unbedingt auch als Kandidat für das Amt des Regierungschefs antreten. Eine Provokation und obendrein eine Grenzüberschreitung. Seine Pläne lösten eine Verfassungskrise aus, die erst beendet werden konnte, als die Verfassungsrichter eine Kandidatur untersagten.

Der so gestoppte Präsident überzog anschließend die Richter mit Beschimpfungen, nannte sie "analphabetische Bauern", "lästige Stallfliegen" und Mitglieder einer "Gangstergruppe".

Zoran Milanovic spricht zu Reportern über die Parlamentswahl in Kroatien.

Präsident Milanovic ist gewiss kein Kind von Traurigkeit. Mit seinen Gegnern geht er sehr robust um und belegt sie auch mit derben Schimpfwörtern..

Gegenspieler zum Premier

Doch mit den Provokationen und verbalen Ausrastern, die Milanovic offenbar ganz bewusst einsetzt, sichert er sich nicht nur Aufmerksamkeit im Land, sondern auch Zustimmung. Viele sehen ihn als Gegenspieler zur Regierungspartei HDZ und deren Chef, Premierminister Plenkovic.

Dazu inszeniert sich Milanovic als wahrer Verteidiger kroatischer Interessen und Beschützer der Kroaten. Das wird vor allem im Nachbarland Bosnien und Herzegowina gerne gesehen. Dort sind mehr als 220.000 Menschen wahlberechtigt. Diese Auslands-Kroaten tendieren traditionell zur Regierungspartei HDZ, doch mit seiner Rhetorik ist es Milanovic gelungen, aufzuschließen und wählbar zu sein.

Für die Kroaten in Bosnien und Herzegowina macht es darum wenig Unterschied, ob der HDZ-Kandidat Primorac oder Milanovic zum Präsidenten gewählt wird.

Russlandfreundliche und EU-feindliche Position

In seiner ersten Amtszeit war Milanovic, der als direkt gewählter Präsident sicherheits- und außenpolitisch mehr zu sagen hat als der deutsche Bundespräsident, auch als Putinversteher im Stil von Viktor Orban aufgetreten. Man müsse, so seine Position, Kroatien aus dem Krieg Russlands gegen die Ukraine heraushalten.

Waffenlieferungen an die Ukraine oder gar die Entsendung kroatischer Soldaten lehnt er strikt ab und mehrmals äußerte er sich negativ zur Ukraine, lobte aber den Kreml oder russische Staatsunternehmen.

Die EU sieht Milanovic eher kritisch, will die Kroaten vor der Macht der Brüsseler Bürokraten schützen und beschimpft den kroatischen Premier Plenkovic als "hörigen Brüsseler Schriftführer und Umsetzer der Brüsseler Anweisungen" in Kroatien.

Auf Facebook forderte Milanovic mehr nationale Politik. "Im Wettbewerb der europäischen Nationen", so der Präsident, werde man nur Erfolg haben, "wenn wir uns um uns selbst kümmern und an uns denken".

Beifall bekommt Milanovic dafür aber nicht nur von Nationalisten, sondern auch von Wählerinnen und Wählern, die sich ein Gegengewicht zur Langzeit-Regierungspartei HDZ wünschen.

Durchaus möglich ist, dass er auch von Menschen gewählt wird, die einfach nicht wollen, dass die HDZ neben dem Regierungschef auch noch das Amt des Staatschefs besetzt. Für manche Kroaten ist Milanovic der Einzige, der Regierungschef Plenkovic in die Schranken weisen könne.

Dragan Primorac bei einem Wahlkampfauftreitt in (Kroatien)

Muss darum kämpfen, als eigenständig und als Politiker mit Profil wahrgenommen zu werden: Dragan Primorac.

Gegenkandidat soll Vertrauen in EU und NATO sichern

In der Weihnachtszeit spielte der Wahlkampf in Kroatien kaum eine Rolle. Womöglich hängt das auch damit zusammen, dass der HDZ-Kandidat Primorac als blass und langweilig wahrgenommen wird. Manche sehen in ihm auch nur eine Marionette von Premierminister Plencovic.

Und tatsächlich unterstützt ihn der Premier aktiv bei Wahlkampfveranstaltungen oder hat seine Minister ausgeschickt, um für Primorac zu trommeln. Die Botschaft der Regierungspartei: Primorac stehe dafür, dass Kroatien weiter ein verlässliches EU-Mitglied und NATO-Verbündeter bleibt. Er werde dem Präsidentenamt die Würde zurückgeben, die der erratische Milanovic beschädigt habe.

In Kroatien scheinen das Schicksal von Kandidat und Premier miteinander verknüpft. Sollte es Primorac nicht in die Stichwahl schaffen, wäre auch Premier Plenkovic beschädigt.

Doch bislang gehen alle Analytiker und Experten davon aus, dass die Wahl am 12. Januar zwischen Milanovic und Primorac entschieden wird. Alles andere wäre eine große Überraschung.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. Dezember 2024 um 10:17 Uhr.