Lockerbie-Anschlag Mutmaßlicher Bombenbauer in US-Gewahrsam
34 Jahre ist es her, dass ein Jumbo-Jet der Pan Am über Schottland in die Luft gesprengt wurde. Jetzt haben die US-Behörden einen Mann in Gewahrsam genommen, der die damals verwendete Bombe gebaut haben soll.
Mehr als drei Jahrzehnte nach dem Bombenanschlag auf ein Passagierflugzeug über Schottland ist ein libyscher Mann in US-Gewahrsam genommen worden, der die damals verwendete Bombe gebaut haben soll. Darüber seien die Familien der Todesopfer informiert worden, teilte ein Sprecher der schottischen Staatsanwaltschaft nach Angaben der britischen Nachrichtenagentur PA und der BBC mit. Ein Sprecher des US-Justizministeriums bestätigte in einer der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Erklärung die Inhaftierung Masuds und "sein bevorstehendes Erscheinen" vor einem US-Bezirksgericht, ohne jedoch ein Datum zu nennen. Wie und wo die US-Behörden den Verdächtigen in Gewahrsam nahmen, wurde nicht mitgeteilt.
Terroristen hatten am 21. Dezember 1988 über dem schottischen Ort Lockerbie ein Passagierflugzeug der US-Gesellschaft Pan Am in die Luft gesprengt, das sich auf dem Weg von London nach New York befunden hatte. 270 Menschen starben, darunter elf Einwohner des Ortes, die durch herabstürzende Trümmer getötet wurden. Der Lockerbie-Anschlag war der folgenschwerste Anschlag, der jemals auf dem Gebiet des Vereinigten Königreichs verübt wurde. Libyen hatte im Jahr 2003 die Verantwortung dafür übernommen und 2,7 Milliarden Dollar (etwa 2,3 Milliarden Euro) Entschädigung an die Hinterbliebenen der Opfer gezahlt.
Angeblich libysches Terrorkommando verantwortlich
Die Hintergründe des Terroranschlags wurden nie völlig aufgeklärt. Die britischen Behörden gehen davon aus, dass ein libysches Terrorkommando das Attentat verübte. Nur ein Tatverdächtiger, der libysche Ex-Geheimdienstoffizier Abdel Baset al-Megrahi, wurde festgenommen und 2001 wegen Massenmordes zu lebenslanger Haft verurteilt. 2009 wurde er aber aus gesundheitlichen Gründen aus schottischer Haft entlassen und starb 2012 in Tripolis. Er hatte stets seine Unschuld beteuert.
Die Ermittlungen nahmen 2016 wieder an Fahrt auf, als Washington von Masuds Verhaftung nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 und seinem angeblichen Geständnis gegenüber der neuen libyschen Regierung 2012 erfuhr. Ein Durchbruch bei den Ermittlungen kam, als US-Vertreter 2017 ein Exemplar eines Interviews erhielten, das der Mann 2012 libyschen Strafverfolgungsbehörden gab.
In dem Interview räumte er nach US-Angaben den Bau der Bombe ein und sagte, er habe mit zwei weiteren Personen zusammengearbeitet, um den Anschlag auszuführen. Der Anschlag sei vom libyschen Geheimdienst angeordnet worden, habe er erklärt und gesagt, nach dem Anschlag habe Gaddafi ihm und anderen Mitgliedern des Teams gedankt, heißt es in einer beglaubigten Erklärung der US-Bundespolizei FBI in dem Fall. 2020 wurde der jetzt in US-Gewahrsam sitzende Verdächtige nach PA-Angaben vom damaligen US-Justizminister William Barr beschuldigt, an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein. Damals soll er sich in Libyen in Gewahrsam befunden haben.
Behörden wollen Ermittlungen fortsetzen
"Die schottische Staatsanwaltschaft und die Polizei werden in Zusammenarbeit mit der britischen Regierung und den US-Kollegen die Ermittlungen fortsetzen", betonte die schottische Staatsanwaltschaft angesichts der aktuellen Entwicklung. Ziel sei es, alle vor Gericht zu bringen, die mit dem bislang einzigen Verurteilten Abdel Baset al-Megrahi zusammengearbeitet hätten.