Von der Leyen in Moldau "Die EU steht fest an Ihrer Seite"
Moldau ist EU-Beitrittskandidat, aber von russischem Gas abhängig - und leidet nach Lieferkürzungen unter einer schweren Energiekrise. EU-Kommissionschefin von der Leyen sagte dem Land nun 250 Millionen Euro Hilfen zu.
Ein paar Kinder toben durch das Zentrum der moldauischen Hauptstadt Chisinau. Die Sonne scheint, der Tag ist herbstlich freundlich, und für einen älteren Herrn passt der Besuch von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu.
Er schätzt den Besuch aus Brüssel: "Es ist eine große Ehre für uns und die Hilfe kommt zur rechten Zeit", sagt er. "Für Frau von der Leyen haben wir den allergrößten Respekt. Wir stecken in der Krise wie alle anderen auch, aber wir müssen dieser Krise, die ganz Europa erfasst, standhalten."
Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine hat auch im angrenzenden Moldau die Preise in die Höhe getrieben. Die proeuropäische Führung ist strikt auf EU-Kurs, bezieht aber rund 80 Prozent ihres Erdgases vom russischen Staatskonzern Gazprom. Das nutzt dieser seit Langem als politisches Druckmittel, und in diesem November erhält Chisinau nur etwa die Hälfte der vertraglich vereinbarten Menge aus Russland.
Moldaus Nachbarland Rumänien gleicht die fehlende Menge zwar teilweise aus, doch Moldaus Problem der Energieabhängigkeit ist damit nicht gelöst.
250 Millionen Euro von der EU
"Die Europäische Union steht fest an Ihrer Seite", betonte von der Leyen in Chisinau. Während Russland seinen brutalen Angriffskrieg in der Ukraine führe, habe Moldau sein Herz für ukrainische Flüchtende geöffnet. Rund 600.000 Menschen kamen durch das Land, von denen etwa 80.000 geblieben sind. Auch dies sei Ausdruck europäischer Werte und der eindeutigen proeuropäischen und reformorientieren Agenda des neuen EU-Beitrittskandidaten Moldau, so von der Leyen.
Das ist umso beeindruckender, wenn man die extrem schwierigen Umstände betrachtet, die Russlands Krieg in der Ukraine verursacht. Die Republik Moldau erlebt eine akute Energiekrise in Bezug auf Liefern und Bezahlbarkeit von Gas und Elektrizität und wir werden alles tun, was wir können, um Ihnen in dieser Krise zu helfen.
Die EU werde Moldau mit 250 Millionen Euro unterstützen, erklärte von der Leyen. Ab Januar kommenden Jahres sollen 200 Millionen für Gaslieferungen fließen, 50 Millionen Euro sind für den moldauischen Haushalt bestimmt und müssen für Bedürftige ausgegeben werden. Das Durchschnittseinkommen in Moldau liegt bei umgerechnet nur 530 Euro, viele Familien müssen bis zu 75 Prozent ihres Einkommens allein für Heizung und Strom ausgeben.
Inflation bei fast 35 Prozent
Steigende Armut und niedrige Löhne sind in Moldau nicht nur aufgrund der Energiekrise ein Thema, sagt Georgiana Cremmene von der regierungsunabhängigen Organisation "people in need" in Chisinau. Die Inflation liege bei fast 35 Prozent und die Löhne seien niedrig.
Es gibt Menschen, die sich die Dinge für den Grundbedarf nicht mehr leisten können, Menschen, die wochenlang keine warme Mahlzeit haben und keine Hygieneartikel kaufen können, wenn wir sie nicht unterstützen. Es sind auch immer mehr Menschen verschuldet, und die akute Energiekrise hat dazu geführt, das 90 Prozent der Menschen auf dem Land auf Kohle und Holzheizung umgestellt haben, weil sie kein Gas mehr bekommen. Wenn wir diesen Menschen nicht helfen, können sie ihre Wohnungen nicht heizen.
"Energie als Waffe gegen die Demokratie"
Der russische Angriffskrieg habe Moldau erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Schaden zugefügt, sagte Moldaus Präsidentin Maia Sandu bei der Pressekonferenz mit von der Leyen. Den Anschluss an das europäische Stromnetz nannte Sandu einen Rettungsring: "Wir haben die schwerste Energiekrise der letzten drei Jahrzehnte", sagte sie. "Eine Krise, in der Energieressourcen als Waffen gegen die Demokratie eingesetzt werden. Dieser Krieg mit Mitteln der Energiekürzungen findet nicht nur in der Republik Moldau statt."
Ein Ende der Krise ist momentan nicht in Sicht. Und trotz zugesagter Millionenhilfe aus Brüssel müssen Privathaushalte und Unternehmen weiter sparen. Die Musikstudentin Daniela sieht es so: "Natürlich freue ich mich, dass wir Hilfe von den EU-Staaten bekommen, obwohl sie uns ja im Grunde zu nichts verpflichtet sind. Darum ist diese Hilfe ein großes Glück."