Polens Ministerpräsident Mehr Misstrauen gegenüber Deutschland?
Die Bundesregierung verspielt nach Ansicht des polnischen Ministerpräsidenten Morawiecki mit ihrer Ukraine-Politik Vertrauen in Europa. Kanzler Scholz positioniere sich nicht entschieden genug.
Die Bundesregierung sorgt mit ihrer Ukraine-Politik nach Ansicht des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki für zunehmendes Misstrauen gegenüber Deutschland in Europa. "Ich würde sagen, dass es vor einem Jahr viel Vertrauen vieler anderer Länder in Deutschland gab. Und jetzt hat sich dieses Pendel in Richtung Misstrauen bewegt", sagte er der "Bild"-Zeitung. Dies gelte "insbesondere innerhalb der Familie der mittel- und osteuropäischen Länder und auch der Mitglieder der Europäischen Union".
Laut Morawiecki könnte Berlin deutlich mehr für die Regierung in Kiew tun. "Deutschland hat das Potenzial, viel mehr zu unterstützen, als es bisher getan hat, es hat die Entscheidungsgewalt innerhalb der Europäischen Union, es hat Geld für die Ukraine, es hat die diplomatische Macht."
"Falsch, Putin Sauerstoff zu geben"
Ausdrücklich kritisierte Morawiecki auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): "Wir sehen, dass Deutschland versucht, halb schwanger zu sein, ein bisschen neu zu denken und die Ukraine zu unterstützen." Trotz Unterstützung für die Ukraine scheine Scholz "immer noch daran zu glauben, dass man mit Russland wieder zur Tagesordnung übergehen sollte". Er glaube aber nicht, "dass das mit diesem quasi totalitären Regime jemals möglich sein wird".
Er äußerte sich zudem skeptisch zu Gesprächen mit dem Kremlchef. "Ich halte es für falsch, weil es Putin nur Sauerstoff gibt und nichts bringt", so Morawiecki:
Putin erreicht mit solchen Gesprächen tatsächlich seine Ziele, denn er zeigt dem Rest der Welt und seiner eigenen Bevölkerung: Seht her, ich bin sehr gefragt, alle wollen mit mir reden, alles hängt von mir ab.
Morawiecki offen für Kampfjets
In der Debatte um westliche Kampfjets an die Ukraine zeigte sich Morawiecki offen für die Lieferung von F16-Flugzeugen. "Wenn dies eine Entscheidung der gesamten NATO wäre, wäre ich für die Entsendung dieser Kampfjets."
Mit Blick auf Russlands Atomdrohungen sagte der Ministerpräsident: "Die Hauptwaffe Russlands ist die Angst, unsere Hauptwaffe sollte die Solidarität sein." Es werde Drohungen aus Russland geben, "weil der Kreml uns alle bedrohen und lähmen will."