Koalitionsgespräche in den Niederlanden "Diese Runde ist zu Ende"
Das war es vorerst mit den Koalitionsgesprächen des Rechtspopulisten Wilders in den Niederlanden: Die Partei NSC hat sich zurückgezogen. Der Verhandlungsführer zeigte sich überrascht über den Abgang. Wie es weitergeht, ist offen.
Für Ronald Plasterk, der seit zwei Monaten die Koalitionsgespräche moderiert, kam die Nachricht gestern Abend völlig unerwartet. Pieter Omtzigt zieht sich mit seiner Partei NSC, dem Neuen Sozialvertrag, aus den Verhandlungen mit der rechtspopulistischen PVV von Geert Wilders, der Bauernpartei und der konservativ-liberalen VVD zurück. Über eine WhatsApp Nachricht habe er von diesem Schritt erfahren, so Plasterk: "Ja, ich bin ein bisschen überrascht über diese - wie ich bis jetzt gehört habe - verworrene Geschichte."
Der frühere Christdemokrat Omtzigt begründet seine Entscheidung mit einer angespannten Haushaltslage. Finanziell sei viel weniger möglich, als er gehofft habe, sagte der NSC-Gründer in einem Fernsehinterview. Er habe die Etats aus den einzelnen Ministerien schon vor Wochen eingefordert, aber erst am Montag bekommen.
Andere Parteien nicht verärgert
Viel zu spät, findet Omtzigt, der es auch Vermittler Plasterk ankreidet, diese Zahlen nicht früher vorgelegt zu haben. "Ich habe heute festgestellt, dass wir nicht zusammenkommen. Wir sitzen jetzt seit fast zwei Monaten an einem Tisch. Es kann doch nicht sein, dass trotz mehrfacher Nachfrage erst am letzten Tag die Zahlen auf den Tisch kommen, die zeigen, wie die finanzielle Lage ist", sagt Omtzigt.
Nun haben die drei anderen Gesprächspartner die Zahlen auch erst jetzt bekommen - ohne deshalb verärgert den Verhandlungstisch zu verlassen. Ob es nicht auch daran liegen könne, dass es am gegenseitigen Vertrauen unter den vier potenziellen Regierungspartnern gefehlt habe, wollte der Moderator einer Talkshow wissen. Darauf sagte Omtzigt kurz und knapp: "Das kann ich mir vorstellen."
Gespräche begannen vielversprechend
Die Gespräche zwischen dem großen Wahlsieger Wilders, der konservativ-liberalen VVD, der Bauernpartei und Omtzigts NSC hatten vor acht Wochen recht vielversprechend begonnen. Wilders sagte zu, auf besonders radikale Forderungen zu verzichten. Keine Rede mehr von einem Islam-Verbot oder EU-Austritt der Niederlande. Und Omtzigt, der aus seinem Misstrauen gegenüber dem Hardliner Wilders nie einen Hehl gemacht hat, gab sich ebenfalls kompromissbereit.
Einige bissige Kommentare der vier Protagonisten in den sozialen Medien lassen aber darauf schließen, dass es hinter den Kulissen durchaus rumorte. Vor allem Wilders konnte sich die eine oder andere Spitze gegen Omtzigt nicht verkneifen. Wie also geht es nun weiter, "minheer" Omtzigt? Mit Neuwahlen?
"Das ist derzeit sicher keine reelle Option. Es muss eine Lösung geben, und deshalb habe ich auch gesagt: diese Runde ist zu Ende", so Omtzigt.
Soll heißen: in einer anderen Runde ist er vielleicht wieder mit dabei. Vielleicht sogar in der gleichen Konstellation, wie bisher, aber unter anderen Bedingungen. Omtzigt hat nämlich immer betont, sich gut vorstellen zu können, dass die Niederlande von einem Minderheitskabinett regiert werden. Ein Mitte-Rechts-Bündnis würde er dann unterstützen, ohne selbst im Kabinett zu sitzen.
Es kann noch dauern
Die drei anderen Parteien reagierten enttäuscht auf Omtzigts Abgang. Zu Dritt würden sie über keine Mehrheit im Parlament verfügen. Ob sie es tatsächlich als Minderheitsregierung versuchen wollen und weiter reden, bleibt abzuwarten. Nur so viel ist derzeit sicher: bis das Land eine neue Regierung bekommt, wird es wohl noch Monate dauern.