Migrantenansturm vor Asylzentrum Das Moria der Niederlande
Solche Bilder kennt man sonst aus Lagern wie dem Flüchtlingscamp Moria: Hunderte Migranten in notdürftigen Zeltlagern. Die hygienische Versorgung ist schlecht, überall liegt Müll. All das mitten in den Niederlanden.
Wo auch immer sich humanitäre Katastrophen abspielen, eilen sie zur Hilfe: in Libyen, Bangladesh, Haiti und im Kongo. Nun wird die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" - erstmals in ihrer Geschichte - auch in den Niederlanden gebraucht. Und zwar dringend, sagt Judith Sargentini, die Chefin der niederländischen Sektion. Vor dem Asylzentrum in Ter Apel sehe es aus, wie einst im Flüchtlingscamp Moria auf Lesbos, sagt sie. "Ich vergleiche das mit dem, was wir auf den griechischen Inseln sehen. Es ist auch EU, auch eine Schande, aber diesmal in den Niederlanden."
Hunderte übernachteten vor dem Asylzentrum
700 Menschen haben die vergangenen drei Nächte vor den Zäunen des Asylzentrums verbracht. Sie haben auf Isomatten, Plastikfolien oder einfach auf dem Boden geschlafen - die meisten nur spärlich zugedeckt. Über das Schlaflager sind Zeltplanen gespannt. Außerdem gibt es acht Dixie-Klos und fließendes Wasser, aber, so Nicole van Batenburg vom Roten Kreuz, keine Duschen.
"Es ist furchtbar schmutzig. Überall liegt Müll auf dem Boden", beschreibt sie die Situation, "Rund um die Dixie Klos stinkt es widerlich. Das ist einfach eine schreckliche Situation - nicht schön für die Menschen und auch nicht sicher."
Immerhin blieb den Familien mit Kindern eine weitere Nacht im Freien erspart. Für sie wurden in Apeldoorn zwei Turnhallen mit Feldbetten bereitgestellt. In Ter Apel hat inzwischen das Team von Ärzte ohne Grenzen seine Arbeit aufgenommen. Einige Flüchtlinge benötigten dringend Hilfe, sagt Sargentini. "Wenn hier über Nacht 700 Menschen schlafen und im Müll liegen, dann ist das, was wir tun, niemals ausreichend."
Es gebe außerdem Menschen mit Asthma, die Medikamente benötigten. Wunden müssten behandelt werden, erzählt Sargentini weiter, und es seien auch traumatisierte Menschen unter den Geflüchteten, die psychologische Hilfe brauchten.
Behörde ist völlig unterbesetzt
Die ehemalige NATO-Militärbasis in der Provinz Groningen ist nicht nur eine Flüchtlingsunterkunft. Sie ist die zentrale Anlaufstelle für alle, die in den Niederlanden Asyl beantragen. Und da fängt das Problem schon an. Die Einbürgerungsbehörde ist personell völlig unterbesetzt. Manche Asylsuchende warten seit vier Wochen darauf, sich überhaupt erst mal registrieren zu können.
Außerdem gebe es landesweit nicht genügend Flüchtlingsunterkünfte, beklagt Justiz-Staatssekretär Eric van der Burg. Die Kommunen seien nicht bereit, Menschen aufzunehmen. Im beschaulichen Tubbergen in Overijssel hat die Regierung deshalb Fakten geschaffen und ein ehemaliges Hotel gekauft, das gegen den Willen der Gemeinde zum Flüchtlingsheim umfunktioniert wird. Dauerhaft, so van der Burg, könne das aber nicht die Lösung sein.
Druck durch Negativschlagzeilen wächst
"Mit Zwang erreichen wir kurzfristig nichts. Auch in Tubbergen wird es Wochen oder Monate dauern, bis da etwas passiert", erklärt van der Burg. "Was uns hilft ist, wenn Leute freiwillig sagen, wir helfen mit, dann schaffen wir das bis morgen oder übermorgen."
Zögerlich erklären sich nun doch Kommunen bereit, Flüchtlinge unterzubringen. Der Druck auch durch die Negativschlagzeilen in den Medien wächst. Aber auch in dieser Nacht werden wieder hunderte Flüchtlinge draußen schlafen - und nach den heißen Sommertagen werden die Nächte langsam kälter und nasser.