Regierungsbildung in den Niederlanden Wahlsieger Wilders kassiert eine erste Abfuhr
Bei der Suche nach Koalitionspartnern hat Wahlsieger Wilders einen Dämpfer bekommen: Die bisherige Regierungspartei VVD will sich nicht an einem Bündnis mit ihm beteiligen. Für den Rechtspopulisten gibt es aber Alternativen.
Lächeln, Händeschütteln, ein paar freundliche Worte - es herrschte eine aufgeräumte Atmosphäre beim ersten Treffen der Fraktionsvorsitzenden nach der Wahl in den Niederlanden. Die konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die politischen Gräben zwischen den Parteien tief sind. Das macht es so schwierig, den Wählerwillen umzusetzen und eine Regierung zu bilden.
Islamfeind und Rechtspopulist Geert Wilders hat mit seiner Freiheitspartei PVV zwar klar gewonnen - ein Plus von 20 Sitzen auf jetzt 37. Aber zum Regieren braucht Wilders Partner. Ein möglicher gab ihm einen Korb: Die bisherige Regierungspartei, die rechtsliberale VVD, will sich nicht an einer Koalition beteiligen.
VVD-Chefin: "Eine Form der Duldung"
"Der Wähler hat deutlich gemacht, dass sich viele Menschen nicht gehört fühlten und das muss gelöst werden", sagte deren Vorsitzende Dilan Yesilgöz. Die großen Gewinner seien PVV und NSC, die Initiative würde bei ihnen liegen. Der VVD käme nach 13 Jahren an der Regierung eine andere Rolle zu. "Wir werden ein Mitte-Rechts-Kabinett ermöglichen und durch konstruktive Vorschläge unterstützen. Das ist also eine Form der Duldung."
Es wird also kein Regierungsbündnis mit den Rechtspopulisten geben, aber die VVD würde eine Minderheitsregierung unter deren Führung tolerieren. Wilders will regieren, das hatte er am Wahlabend klar gemacht. Entsprechend enttäuscht war er nach der ersten Absage.
"Natürlich warten die Niederlande, Millionen Niederländer und auch die Anhänger von Frau Yesilgöz auf ein Mitte-Rechts-Kabinett", sagte er. Es sei enttäuschend, dass sie, noch bevor die Verhandlungen begonnen hätten, gesagt habe, dass sie daran nicht teilnehmen wolle. "Das ist ihre Entscheidung. Aber ich denke, das werden die Niederlande nicht respektieren."
NSC deutet Kursschwenk an
Umso wichtiger werden für Wilders, der im Wahlkampf vergleichsweise moderate Töne angeschlagen hatte, jetzt andere potenzielle Koalitionspartner. Allen voran die NSC: Die Partei errang 20 Mandate, obwohl sie erst vor einem Vierteljahr vom früheren Christdemokraten Pieter Omtzigt gegründet wurde.
Er ist im Auftreten und mit mit Blick auf viele politische Inhalte das Gegenmodell zu Wilders. Im Wahlkampf hatte Omtzigt ein Bündnis mit Rechtsaußen ausgeschlossen. So deutlich sagt er das jetzt nicht mehr: "Es gehört auch zur Verantwortung von Politikern, nach der Wahl irgendwie eine Regierung zu bilden. Und dafür stehe ich als gewählter Politiker."
Timmermans warnt vor weiterer Spaltung
Auch die Bauer Bürger Bewegung ist ein potenzieller Partner von Wilders. Hinter seiner Freiheitspartei liegt das rot-grüne Wahlbündnis mit Spitzenkandidat Frans Timmermans auf Platz zwei. Timmermans rechnet mit dem Gang in die Opposition. "Es ist offensichtlich, dass sehr viele Menschen Lösungen von rechts erwarten. Jetzt müssen die Rechtsparteien zeigen, dass sie die auch bieten können", sagte er bei dem Treffen.
Das Letzte, was das Land in diesem Augenblick gebrauchen könne, sei noch mehr Spaltung, meinte der Sozialdemokrat. "Davon haben wir schon genug." Die Probleme in dem Land könnten nur dann wirklich gelöst werden, wenn alle sie gemeinsam angehen würden. "Daher sollte sich jeder in den Niederlanden zu Hause fühlen."
Die Fraktionsvorsitzenden verständigten sich auf einen erfahrenen Politiker, der jetzt mögliche Koalitionen ausloten soll. Erst sortiert man sich. Ab Anfang kommender Woche wird dann sondiert. Nach den Wahlen von 2021 haben die niederländischen Parteien besonders lang gebraucht, um eine Regierung zu bilden: Ihr Rekord liegt bei 299 Tagen.