Nach Drohung Russlands Neue Angriffe auf ukrainische Hafenstädte
Ukrainische Hafenstädte sind erneut unter Beschuss geraten. Russland hatte nach dem Ende des Getreideabkommens angekündigt, alle Schiffe mit Ziel Ukraine als mögliche Gegner zu betrachten. Die USA warnten auch vor Angriffen auf zivile Schiffe.
Die südukrainische Region Odessa ist die dritte Nacht in Folge unter Beschuss geraten. Lokalen Medienberichten zufolge waren wieder Explosionen in der Nähe des Hafens von Odessa zu hören. Nach Angaben des örtlichen Gouverneurs, Oleg Kiper, wurden zwei Menschen ins Krankenhaus gebracht.
Die Luftverteidigung sei aktiv gewesen. Die ukrainische Luftwaffe warnte bei Telegram, es seien Abschüsse von Überschall-Schiffsabwehrraketen in Richtung der Region Odessa registriert worden. Sie rief die Menschen auf, in Deckung zu bleiben. Bereits in den beiden vorangegangenen Nächten hatte Russland die Region Odessa am Schwarzen Meer mit Luftangriffen überzogen.
Auch aus der ukrainischen Hafenstadt Mykolajiw wurden Angriffe gemeldet. "Die Russen haben das Stadtzentrum getroffen", erklärte der Gouverneur der Region, Witalij Kim, auf Telegram. Es gab demnach ein Todesopfer. Mindestens 19 Menschen seien verletzt worden, darunter auch mindestens fünf Kinder. In der Stadt waren den Angaben zufolge ein dreistöckiges Gebäude sowie mehrere Garagen in Brand geraten.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet
Im Interview mit der tagesschau sagte der ukrainische Agrarminister Mykola Solskyj, bei den ersten beiden Angriffswellen seien Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet und wichtige Technik zerstört worden. Der weitere Export über das Schwarze Meer sei daher ungewiss.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte in seiner nächtlichen Videoansprache weitere Hilfe bei der Luftverteidigung. "Bei jedem solchen Angriff appellieren wir immer wieder an unsere Partner: Die ukrainische Luftverteidigung muss gestärkt werden", sagte er am Mittwochabend. Er betonte, dass unter Angriffen auf Schwarzmeer-Häfen nicht nur die Ukraine leide, sondern auch Länder in Afrika und Asien, die auf Lieferungen von Nahrungsmitteln warteten.
USA: Russland platzierte Seeminen an Häfen
Die USA warnten vor möglichen Angriffen des russischen Militärs auf zivile Schiffe in der Region. Ihnen lägen Informationen vor, wonach Russland weitere Seeminen in Zugängen zu ukrainischen Häfen platziert habe, teilte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Adam Hodge, mit. Das Weiße Haus gehe davon aus, dass es sich um ein koordiniertes Vorgehen handele, um jedwede Attacken auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer zu rechtfertigen und der Ukraine die Schuld daran zu geben.
Russland hatte zuvor angekündigt, ab Mitternacht Moskauer Zeit (23.00 Uhr MESZ) Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als "potenzielle Träger militärischer Fracht" zu werten. Ihre Flaggenstaaten würden dann als Konfliktparteien aufseiten der Ukraine eingestuft. Es sei eine Warnung an die Schifffahrt herausgegeben worden im Zusammenhang mit dem Ende der Schwarzmeer-Initiative. Demnach seien Bereiche des Nordwestens und des Südostens der internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres als gefährlich für die Schifffahrt eingestuft worden.
Unter großer internationaler Kritik hatte der Kreml das Getreideabkommen am Montag nach rund einjähriger Laufzeit nicht mehr verlängert. Damit wurden auch Sicherheitsgarantien für einen sicheren Transport von Agrargütern aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen aufgekündigt. Als Grund führte der Kreml Forderungen an, die angeblich nicht erfüllt worden seien.