ÖVP, SPÖ und Neos Österreichs Dreier-Koalition nimmt Gestalt an
In Österreich kommt Schwung in die Regierungsbildung. Kanzler Nehammer will neben der SPÖ auch die Liberalen in Sondierungen mit seiner ÖVP einbinden - und die Chancen einer ersten Koalition mit drei Partnern ausloten.
Sechs Wochen nach der Nationalratswahl in Österreich kommen die Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung voran. Die konservative Volkspartei ÖVP und die sozialdemokratische SPÖ wollten ab morgen die liberalen Neos in die Gespräche über eine Dreier-Koalition einbeziehen, sagte der amtierende Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer nach einer weiteren Sondierungsrunde mit der SPÖ.
Die Grünen, bisher Juniorpartner in der Regierung mit der ÖVP, seien keine Option mehr. Zudem steckte Nehammer das Zeitfenster ab: Bis Ende der Woche sollen die Sondierungen abgeschlossen sein, und ab kommender Woche könnten die intensiven Koalitionsverhandlungen starten.
Kein "Weiter wie bisher"
"Es ist mir wichtig, dass wir mit hohen Tempo, aber auch der notwendigen Ernsthaftigkeit an der Bildung einer neuen tragfähigen und vor allem lösungsfähigen Regierung arbeiten", sagte Nehammer. Er sei zuversichtlich, dass die Parteien hier auf einem guten Weg seien und man zügig vorankommen werde.
In den Sondierungsrunden soll laut Nehammer besprochen werden, wo man sich bei gewissen Themen annähern kann und wo man völlig neue Wege denken muss. "Es geht darum, die jeweiligen Druckpunkte kennenzulernen und schon Lösungen zu skizzieren, die dann in den Regierungsverhandlungen im Detail erarbeitet werden."
Für die Gespräche habe man sich zwei Ziele gesetzt: Es müsse Vertrauen zurückgewonnen werden und es dürfe kein "Weiter wie bisher" geben. Der ÖVP sei dabei die Standortpolitik, eine restriktive Migrationspolitik und eine Verbesserung des Gesundheits- und Bildungssystems wichtig.
Erstmals Dreier-Koalition in Österreich?
SPÖ-Chef Andreas Babler erklärte, Politik müsse mehr sein als der "kleinste gemeinsame Nenner". Es gebe zwar große Unterschiede in vielen politischen Feldern, aber die Parteien verbinde die Überzeugung von einem positiven Bild der Zukunft.
Die ÖVP und SPÖ haben eine lange Tradition der Zusammenarbeit, die letzte Koalition von 2007 bis 2027 war jedoch von internen Spannungen geprägt. Ein Dreier-Bündnis wäre hingegen ein Novum in Österreich.
FPÖ außen vor
Die rechtspopulistische FPÖ hatte bei der Parlamentswahl im September erstmals die meisten Stimmen erhalten. Die Partei spielt bei der Regierungsbildung jedoch keine Rolle, da keine der anderen Parteien mit der FPÖ unter ihrem derzeitigen Vorsitzenden Herbert Kickl koalieren will. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte deshalb Kanzler Nehammer - und nicht wie sonst üblich dem Wahlsieger - den Auftrag zur Regierungsbildung gegeben.